Der schwarz-gelbe Koalitionsvertrag soll an diesem Samstag unterschriftsreif sein. Allerdings in Schleswig-Holstein, wo ebenfalls am 27. September gewählt wurde. Auf deutscher Bundesebene wird es noch ein wenig länger dauern. Zwar versichern Union und FDP einander ständig, dass man jetzt ja bald eine schwarz-gelbe Wunschpartnerschaft habe. Doch auf der Zielgeraden liegen dann doch noch einige Stolpersteine.

Diese wollen die Chefs höchstpersönlich an diesem Wochenende beseitigen. Drei Tage lang werden Kanzlerin Angela Merkel, CSU-Chef Horst Seehofer und FDP-Chef Guido Westerwelle all das besprechen, was in den Arbeitsgruppen übriggeblieben ist.

Der gute Wille zum baldigen Abschluss ist jedenfalls vorhanden. Am Freitag kam endlich Bewegung in das heikelste Thema - die Steuerreform. "Wir haben ein Angebot gemacht in Höhe von 20 Milliarden Euro" , erklärte CDU-Haushaltsexperte Steffen Kampeter. Somit hat sich die Union um ein paar Milliarden vorwärts bewegt. Sie hatte ursprünglich Entlastungen von 15 Milliarden Euro im Visier. Die FDP hingegen möchte Erleichterungen für die Bürger in Höhe von 35 Milliarden Euro. Das, erklären Unionspolitiker, sei aber angesichts der maroden Haushaltslage völlig unrealistisch.

"Wir werden sicher einen großen Schritt an diesem Wochenende vorankommen" , zeigt sich Unions-Fraktionschef Volker Kauder (CDU) optimistisch. Viel zu besprechen gibt es auch beim Thema Gesundheit. Es ist zwar schon klar, dass die FDP mit ihrem Wunsch, den Gesundheitsfonds (Geldsammelstelle für alle gesetzlichen Krankenkassen) abzuschaffen, auf Granit beißt. Da den Krankenkassen aber 7,5 Mrd. Euro fehlen, muss geklärt werden, wie man diese aufbringen will. "Wir wollen keine Kopfpauschale" , stellt Bayerns Gesundheitsminister Markus Söder (CSU) klar.

Auch im Bereich Arbeit/Soziales gärt es nach wie vor. Vehement drängt die FDP darauf, die Mitbestimmung für Arbeitnehmer in den Betrieben einzuschränken und den Kündigungsschutz für neu eingestellte Mitarbeiter zu lockern. Doch hier hält Kanzlerin Merkel persönlich dagegen. Ihre Sorge: Sollte sie der FDP zu viele Zugeständnisse machen, würde die schwarz-gelbe Regierung bald als "Koalition der sozialen Kälte" verschrieen sein.

Doch es gibt auch einen Bereich, wo man sich überraschend geräuschlos geeinigt hat, obwohl die Differenzen hier groß sind: die innere Sicherheit. Zwar tönte die FDP im Wahlkampf noch, sie wolle einige von Innenminister Wolfgang Schäuble ersonnene Sicherheitsgesetze komplett abschaffen. Das gelang ihr allerdings nicht. Immerhin aber konnte die FDP in drei wichtigen Punkten Änderungen durchsetzen. Zwar bleibt es bei der umstrittenen Online-Durchsuchung von Computern. Eine Razzia muss aber künftig vom Generalbundesanwalt angeordnet werden. Die Vorratsdatenspeicherung (Telefon- und Mail-Daten) wird auf schwere Fälle begrenzt. Bevor Kinderpornoseiten gesperrt werden, soll das Bundeskriminalamt (BKA) künftig versuchen, diese zunächst zu löschen.

Sollten auch die anderen offenen Fragen so zügig geklärt werden, dann könnte der Koalitionsvertrag am 26. Oktober unterzeichnet, Merkel zwei Tage später wieder als Kanzlerin vereidigt werden. (Birgit Baumann aus Berlin/DER STANDARD, Printausgabe, 17.10.2009)