Eisenstadt (Kismarton) - Vor 100 Jahren gab es in Budapest einen beliebten Stoßseufzer. "Nicht schon wieder was Gemeinsames" , hieß es, wenn wieder eine kaiserlich und königliche Kommission ins Leben gerufen wurde, um die Angelegenheiten des gemeinsamen Staates am Laufen zu halten.

Jetzt, 100 Jahre danach, ist die ungarische Wahrnehmung auch anderweitig geschärft worden. "Österreich und Ungarn" , sagte der magyarische Ministerpräsident Gordon Bajnai in Eisenstadt, "haben eine mehrere 100 Jahre zurückreichende gemeinsame Geschichte." Und scheute sich nicht, diesen Umstand in Relation zum Heutigen zu setzen: "Demnächst feiern wir das 20-jährige Bestehen der dritten ungarischen Republik."

Dieser jedenfalls ist es zu verdanken, dass am Donnerstag in Eisenstadt schon zum dritten Mal nach 2005 und 2007 eine gemeinsame Regierungssitzung abgehalten wurde, wohl nicht ganz zufällig im Schloss Esterházy.

Streng einer Monarchiereminiszenz erlegen denn auch die Kernaussage der beiden Regierungschefs. Denn, quasi: Die Böhm' machen wieder Fisimatenten. Sowohl Bundeskanzler Werner Faymann als auch Bajnai verwahrten sich in ungewohnt klaren Worten gegen den Plan von Václav Klaus, die Beneš-Dekrete mit dem Lissabon-Vertrag einzubetonieren. Faymann: "Wir werden da sehr genau auf die Formulierungen achten." Eine Einschränkung möglicher Rechte von Vertriebenen "kommt sicher nicht infrage" .

Ansonsten alles durchaus eitel Wonne. Auch die grenznahe Müllverbrennungsanlage Heiligenkreuz soll das schöne bilaterale Wetter nicht trüben. Da spricht man lieber über die große "Donau-Strategie" der EU, in die man sich - gemeinsam, klar - einbringen werde. Uraltes Resümee: Viribus unitis Kismartonban. Also: Mit vereinten Kräften in Eisenstadt. (Wolfgang Weisgram/DER STANDARD, Printausgabe, 16.10.2009)