Neun Monate nachdem der offizielle Rechnungshofbericht zum ORF erschienen ist, hat am Donnerstag der Rechnungshofausschuss im Parlament getagt. "Ernsthafte Probleme" prophezeite Rechnungshof-Präsident Josef Moser dem ORF, sollte der nicht in der Lage sein, die 57 Empfehlungen aus dem Bericht umzusetzen. Vor allem der Stiftungsrat nehme seine Kontrollfunktion noch immer nur mangelhaft wahr, was nicht zuletzt an seiner Größe liegt, so Moser. Im nächsten Jahr will der Rechnungshof-Präsident eine sogenannte Follow-up-Überprüfung in die Wege leiten, um zu erheben, ob, in welchem Umfang und mit welchem Erfolg die Rechnungshof-Empfehlungen umgesetzt wurden.

"Reformbedarf dringend gegeben"

Die Jahresergebnisse des öffentlich-rechtlichen Senders zeigten jedenfalls, "das Reformbedarf dringend gegeben ist". In erster Linie sieht Moser Geschäftsführung und Stiftungsrat am Zug, dem entgegenzuwirken und die Empfehlungen umzusetzen. Man dürfe nun "nicht auf das neue Gesetz warten, sondern die Maßnahmen selbst in Angriff nehmen". Im Rechnungshof geht offenbar die Sorge um, dass der ORF ein AUA-Schicksal erleiden könnte.

Der Rechnungshof hatte in seinem Prüfbericht zum ORF ein hohes Reform- und Sparpotenzial geortet und eine fehlende Gesamtstrategie des öffentlich-rechtlichen Senders vermisst. So empfahl man etwa die Verkleinerung der ORF-Aufsichtsgremien, dass der Stiftungsrat seine Kontrollfunktion wahrnehmen soll, eine Verkleinerung der ORF-Geschäftsführung (konkret die Auflösung der Online-Direktion) sowie die Überarbeitung und Optimierung der Strukturen und Abläufe in Redaktion, Technik, Personalwesen und Marketing. Weiters wurden begünstigende Sonderregelungen in den Kollektivverträgen kritisiert.

Wrabetz: "Mehr als 45 der 57 Empfehlungen bereits umgesetzt"

Laut ORF-Generaldirektor Alexander Wrabetz sei man auf gutem Weg: "Mehr als 45 der 57 Empfehlungen sind bereits umgesetzt", sieben weitere befänden sich in Umsetzung. Bei einigen Punkten stimmt der ORF weiter nicht mit dem Rechnungshof überein, etwa beim Vorschlag, das gesamte Marketing zusammenzulegen. Zur Kritik des Rechnungshofes an den Gehältern der ORF-Geschäftsführung, die bisher mit Zustimmung des Stiftungsrats jährlich angehoben wurden, obwohl in den Dienstverträgen keine automatische Erhöhung vorgesehen war, meinte Wrabetz, dies habe sich mit unserem Verzicht auf die Prämien ohnehin vorerst erledigt.

Nicht beeinflussen könne die Geschäftsführung jene Punkte, die in den Verantwortungsbereich der Politik fallen und einer Gesetzesänderung bedürfen, wie etwa die Verkleinerung des Stiftungsrats. Rechnungshof-Präsident Moser forderte in dem Zusammenhang, dass die Voraussetzungen geschaffen werden müssen, die "nötig sind, dass das Gremium seine Kontroll- und Steuerfunktion optimal ausführen kann". Wrabetz nahm seine Stiftungsräte indes in Schutz und betonte, dass sie "ihrer aktienrechtlichen Verantwortung sehr wohl nachkommen" und ihre Aufgabe "sehr ernst" nehmen.

Medienstaatssekretär Josef Ostermayer geht davon aus, dass sich die Große Koalition darauf einigen können wird, "die Empfehlung des Rechnungshofes hinsichtlich der Verkleinerung des Stiftungsrats im Gesetz umzusetzen". Schließlich ist er der Meinung, "dass wir das gemeinsame Ziel verfolgen, den ORF auf stabile Beine zu stellen". Zur Gesetzesnovelle und der Einigung mit der EU über den ORF-Prüfung meinte Ostermayer: "Wir arbeiten unser Programm Schritt für Schritt ab." Ob das Gesetz noch heuer beschlossen werden kann, sei fraglich. (APA)