Soll mit Taliban verhandeln: Graeme Lamb.

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Die britischen Truppen im Süden Afghanistans erhalten Verstärkung. Weitere 500 Soldaten sollen in Kürze die bisher 9000 Frauen und Männern unterstützen, kündigte Premierminister Gordon Brown im Unterhaus an: "Wir können uns nicht davonstehlen." Der Regierungschef knüpfte die Aufstockung daran, dass Afghanistan selbst mehr Truppen bereitstelle und dass die Nato-Alliierten mehr Verantwortung übernehmen.

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Brown begann seinen Auftritt im Parlament mit "einem feierlichen Moment": Er verlas die Namen und Einheiten der 37 Soldaten, die in den vergangenen drei Monaten am Hindukusch ums Leben kamen. Es habe sich um "einen besonders schwierigen Sommer für unsere Truppen" gehandelt, sagte der Regierungschef, aber: "Wir sind dort, um die Sicherheit unseres Landes zu gewährleisten. Drei Viertel der geplanten Terroranschläge in Großbritannien wurden im Grenzgebiet zwischen Afghanistan und Pakistan geplant."

Neben der Entsendung zusätzlicher Truppen steckt Großbritannien weitere Millionen in die Entwicklungshilfe. Gleichzeitig soll das Gespräch mit kampfesmüden Taliban gesucht werden.

US-Kommandeur Stanley McChrystal hat dafür einen früheren Kommandeur der britischen Spezialtruppe SAS aus dem Ruhestand geholt. Generalleutnant Graeme Lamb befürwortet Amnestien für jene Stammesführer, die zum friedlichen Ausgleich bereit sind. Viele der jungen Kämpfer könnten durch vernünftige Angebote gewonnen werden, sagte Lamb. "Wir können Erfolg nicht nur durch Kampf erzielen."

Unterdessen setzt die von Brown eingesetzte Kommission zur Untersuchung des Irak-krieges ihre Anhörungen fort. Diese Woche erschienen die zornigen Angehörigen der 179 Gefallenen vor der Kommission. "Tony Blair sollte als Kriegsverbrecher angeklagt werden" , sagte Deirdre Gover, deren Sohn Kristian in Basra ums Leben kam.

Ähnlich denkt auch Peter Brierley, der dem Ex-Premier vergangene Woche bei einem Gedenkgottesdienst den Handschlag verweigerte: "Sie haben Blut an den Händen." Brierleys 28-jähriger Sohn Shaun starb im März 2003 in Kuwait, von wo aus sich britische Truppen an der Irak-Invasion beteiligten. Der damalige UN-Generalsekretär Kofi Annan sowie der höchste Geistliche der britischen Staatskirche haben den Feldzug als "illegal" bezeichnet. (Sebastian Borger aus London/DER STANDARD, Printausgabe, 15.10.2009)