Durch Kondenswasser im Marmeladeglas kommt es zu einer Verdünnung des Zuckergehalts und in der Folge leichter zu Schimmelbildung.

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Die einen sagen so, die anderen wieder anders: Müssen schimmlige Nahrungsmittel wirklich weggeworfen werden? "Schade drum!" Aber was ist wirklich dran, am Schimmel?

Unsichtbarer Schimmel

Schimmelpilze sind ubiquitär, das heißt, sie sind überall in der Natur verbreitet. Gelangen die Sporen des Schimmelpilzes über die Luft auf ein Lebensmittel, können sie sich auf oder in ihnen vermehren und bilden feine, fadenförmige Zellfäden, Hyphen genannt. Das Gefährliche am Schimmel: Die Hyphen können die Lebensmittel im Inneren durchziehen, sind aber für das menschliche Auge unsichtbar. Nur der Schimmelrasen an der Oberfläche des Lebensmittels ist zu erkennen. Das heißt, auch Lebensmittel die nur kleine schimmlige Stellen aufweisen, können gänzlich vom unsichtbaren Pilzgeflecht durchzogen sein. Sowohl der Schimmelrasen als auch die Zellfäden können Mykotoxine, giftige Stoffwechselprodukte von Schimmelpilzen, enthalten und auf den Organismus gesundheitsschädigend wirken.

Welche Lebensmittel wegwerfen?

Alles muss dennoch nicht gleich weggeworfen werden. "Je flüssiger ein Lebensmittel, desto schneller breitet sich das Toxin aus", erklärt Lebensmitteltoxikologe Gerhard Meister die einfache Grundregel. Verschimmelte Lebensmittel mit hohem Wassergehalt bzw. lockerer Konsistenz wie Säfte, Saucen, Kompotte, Fleisch, Wurst, Milchprodukte und wasserreiches Obst und Gemüse am besten immer entsorgen. "Auch Brot sollte auf jeden Fall weggeworfen werden, einerseits, da die Schimmelfäden das Brot leicht durchwandern können und daher für die Verbreitung der Toxine keine Barriere vorhanden ist, andererseits da Apergillus flavus-Pilze, die unter anderem krebserregendes Aflatoxin bilden, häufig Getreide und Nüsse befallen", so Meister. Vom Verzehr schimmliger (oder bitter schmeckender) Nüsse ist daher ebenfalls abzuraten.

Vorsicht bei Obst

Die Wahrscheinlichkeit, dass angefaultes Obst Mykotoxine enthält, ist groß. Mykotoxine sind sehr hitze- und kältestabil und bleiben durch normale Be- und Verarbeitungsverfahren erhalten. Selbst in tiefgekühlgekühltem und eingekochtem Obst können die Schimmelpilzgifte enthalten sein. Für den Rohverzehr oder zur Herstellung von Marmelade, Kompott oder Saft sowie zum Tiefgefrieren sollten deshalb nur einwandfreie Früchte verwendet werden, um das Risiko einer Mykotoxinvergiftung auszuschließen.

Bei zuckerreichen Lebensmitteln, wie Marmelade, sollte es eigentlich nicht zu Schimmelbefall kommen. "Marmeladen werden dennoch schimmlig, wenn Kondenswasser vom Deckel auf die Oberfläche der Marmelade tropft. Dadurch kommt es zu einer lokalen Verdünnung des Zuckergehalts und es kann sich Schimmel bilden", erklärt Meister. Schimmelt die Marmelade erst einmal, rät der Experte diese nicht mehr zu essen. "Die Marmelade bietet dem Toxin keinen Widerstand und es kann leicht in die Marmelade hineindiffundieren."

Schimmel ausschneiden

Sind in der Konsistenz feste Lebensmittel – wie Hartkäse oder Karotten – auf einer kleinen Fläche von Schimmel befallen, reicht es aus, die betroffene Stelle großflächig auszuschneiden. Angeschimmelter Frisch-, Weich- und Schnittkäse gehören aber in jedem Fall weggeworfen. Die Ausnahme bilden Käsesorten mit arttypischem Schimmel, wie etwa Blauschimmelkäse. Diese Sorten am besten immer separat einpacken, da der Schimmel auf andere Käsesorten übergehen kann.

Gründliche Reinigung

Wichtig ist, bereits verschimmelte Lebensmittel immer rasch zu entsorgen und nicht länger offen liegen zu lassen, andernfalls können Schimmelsporen andere Lebensmittel „anstecken". Um nach der Beseitigung von verdorbenen Lebensmitteln nicht gleich wieder einen Schimmelbefall befürchten zu müssen, ist eine Reinigung ratsam. Kühlschrank, befallenes Geschirr oder Fliesen sollten immer gründlich gereinigt werden. Sind verdorbene Lebensmittel offen im Kühlschrank gelegen, empfiehlt Meister den gesamten Kühlschrank mit einer konzentrierten alkoholischen Lösung auszuwischen. Brotdosen können auch vorbeugend einmal wöchentlich mit Essigwasser gereinigt werden.

Gesundheitsschädigender oder nützlicher Schimmel

Schimmelpilze müssen nicht immer gesundheitsschädigend, sondern können auch von Nutzen sein – beispielsweise bei der Herstellung bestimmter Käsesorten und Fleischwaren. Für Camembert, Roquefort oder Salami wirken Pilze konservierend und verleihen ihnen das typische Aroma. Wachsen Schimmelpilze aber auf Lebensmitteln, auf die sie eigentlich nicht gehören, verderben diese.

Aber auch hier gilt: Schimmel ist nicht gleich Schimmel. Während einige Schimmelpilzarten erhebliche gesundheitliche Risiken bergen, sind andere für unseren Körper harmlos. "Im alltäglichen Gebrauch lässt sich jedoch nicht feststellen, ob eine Schimmelart ungefährlich ist. Im Zweifelsfall sollten deshalb verschimmelte Nahrungsmittel weggeworfen werden", so Meister. Werden erhebliche Mengen an schimmligen Lebensmitteln verzehrt, können die Toxine aus dem Verdauungstrakt ins Blut und auf diese Weise in den Organismus gelangen. Schwere Mykotoxin-Vergiftungen kommen dennoch relativ selten vor. Das Hauptproblem bei der Mykotoxinkontamination sind die Langzeitfolgen, denn bei regelmäßiger Aufnahme wächst die Wahrscheinlichkeit von Leberschädigungen und Krebserkrankungen – die Latenzzeit kann dabei Jahrzehnte betragen.

Aber auch scheinbar harmlose Pilzsorten können gefährlich werden – etwa dann wenn Allergiker eine hohe Konzentration von Schimmelpizsporen einatmen. Bei Verdacht einer Vergiftung sollte umgehend die Vergiftungszentrale oder ein Arzt kontaktiert werden. (Ursula Schersch, derStandard.at, 15.09.2009)