In Schweden (Bild: Stockholm) steigen die Fertigstellungszahlen zwar seit einigen Jahren, die Nachfrage kann trotzdem kaum befriedigt werden.

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Auf vielen europäischen Wohnimmobilienmärkten geht die Schere zwischen Angebot und Nachfrage immer weiter auseinander. Dies gilt vor allem für zentraleuropäische Länder wie Deutschland, Österreich, Schweden oder die Niederlande. Entsprechend ist hier mittelfristig mit Preissteigerungen zu rechnen. So lautet das Resümee einer gemeinsamen Pressekonferenz mehrerer europäischer Wohnimmobilienunternehmen auf der kürzlich zu Ende gegangenen Expo Real in München.

Zuwenige Wohnungen

"Das Marktumfeld für Wohnungen in Wien ist vergleichbar mit jenem in den deutschen Ballungsgebieten", analysiert dazu conwert-Vorstand Johann Kowar in einer Aussendung. Die niedrige Neubautätigkeit hinke der wachsenden Nachfrage nach Wohnraum seit Jahren hinterher. Jährlich müssten in Wien rund 9.000 Wohnungen geschaffen werden. "Tatsächlich werden nur rund 5.500 Wohnungen errichtet", so Kowar.

In den Niederlanden zeige sich ein ähnliches Bild. "Seit dem Ende der 1990er-Jahre hat die Zahl neuer Wohneinheiten fast kontinuierlich abgenommen", so Martin Beckmann, Geschäftsführer beim niederländischen Entwickler Phanos. In
den ersten fünf Monaten 2009 sei die Zahl der Baugenehmigungen weiter rückläufig. Auch die Zahl der fertig gestellten Wohnungen stagniere auf niedrigem Niveau - bei derzeit 22.000 Einheiten.

Entsprechend sei ein deutlicher Angebotsmangel zu spüren. "Dieser Mangel ist nicht nur quantitativ, sondern auch qualitativ", beobachtet Beckmann. So seien die Warteliste für Sozialwohnungen, die in den Niederlanden traditionell einen hohen Stellenwert haben und 75 Prozent aller Mietwohnungen ausmachen, teilweise extrem lang. "Neubauten lohnen sich wieder", so das Fazit von Beckmann.

Ausnahme Schweden

Schweden stellt hinsichtlich der Neubauzahlen eine Ausnahme dar. Hier steigen die Fertigstellungszahlen seit einigen Jahren. Dennoch kann die Nachfrage kaum befriedigt werden. "Die Leerstandsraten liegen in der Regel zwischen einem und zwei Prozent, in Stockholm bei 0,3 Prozent", so Nils Olov Boback, Geschäftsführer der Deutschland-Tochter des skandinavischen Bau- und Immobilienkonzerns NCC. "Die Wartezeit für eine Mietwohnung im Zentrum Stockholms beträgt zehn Jahre."

Die Chancen für Investoren liegen hier vor allem in der Umwandlung von Mietwohnungen in Wohnungen mit Eigentumsrechten. "Die Miete in Stockholm liegt fast 30 Prozent unter den in München gezahlten Mieten, die durchschnittlichen Kaufpreise für Eigentumsrecht jedoch knapp 110 Prozent über Münchner Verhältnissen", erklärt Boback.

Pro-Kopf-Wohnbedarf steigt weiter

"Die Nachfrage auf den europäischen Wohnimmobilienmärkten wird neben der Haushalts- und Einkommensentwicklung zu einem großen Teil durch steigenden Pro-Kopf-Wohnbedarf getrieben", kommentiert Manfred Binsfeld, Analyst bei Feri
Euro Rating. Dies sei eine Folge des mit steigendem Wohlstand einhergehenden Wunsches nach höherer Wohnqualität und einem geänderten Wohnverhalten, das sich unter anderem in einer größeren Zahl von Single-Haushalten ausdrücke.

"Zusätzlich steigen bis 2020 zumindest in Schweden, den Niederlanden und Österreich die Bevölkerungszahlen", so Binsfeld. Aber auch in Deutschland sei trotz der hier sinkenden Bevölkerungszahlen bis 2020 ebenfalls mit steigenden Haushaltszahlen aufgrund des wachsenden Pro-Kopf-Verbrauchs und damit mehr Nachfrage zu rechnen.

Kaufpreise legen zu

Die Folge der großen Nachfrage sind fast überall steigende Kaufpreise. Im Jahr 2006 hat der Quadratmeterpreis in Wien nach Angaben von Johann Kowar noch bei knapp 2.400 Euro gelegen, jetzt liege er bereits bei fast 2.700 Euro. In Stockholm haben die Preise nach Angaben von Nils Olov Boback vor sechs Monaten noch bei etwa 4.000 Euro gelegen, gegenwärtig würden 4.400 Euro gezahlt.

In Deutschland ist die Preisentwicklung vor allem an Standorten wie München, Hamburg, aber auch kleineren Städten wie Wiesbaden positiv. "Im Standortvergleich für Wohnimmobilien haben wir diese Städte mit A geratet", so Binsfeld. In den Niederlanden hingegen seien die Preise auf ähnlichem Niveau wie im Vorjahr: Im ersten Halbjahr sind die Preise nach Auskunft von Martin Beckmann nur leicht gefallen. "Dies bezieht sich jedoch auf ganze Wohneinheiten", so Beckmann. Da der Anteil kleinerer Einheiten ansteige, falle der Preisrückgang pro Quadratmeter noch geringer aus. (red)