Die ÖVP-Lehrergewerkschaft hält nicht von den Plänen so manchen VP-Ministers für die Ganztagsschule, sprich: Nachmittagsbetreuung.

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Wien - Vizekanzler Josef Pröll (ÖVP) bekannte sich am Dienstag zur Ausdehnung der Nachmittagsbetreuung und leitete somit offiziell die Kursänderung der ÖVP ein: "Das politische Ziel ist klar, es muss in Richtung Ganztagsschule gehen." Angesprochen auf eine längere Lehrerarbeitszeit sagte der Finanzminister, man werde auch über das Dienstrecht diskutieren müssen. Ein "Drüberfahren" über die Gewerkschaft werde es mit ihm allerdings nicht geben. Ob Schmied künftig mehr Budget für die zusätzliche Nachmittagsbetreuung bekommen wird, werde man gemeinsam beraten. Dies werde auch Thema bei seiner Grundsatzrede im Finanzministerium am Mittwoch sein, so Pröll.

Widerstand der Lehrer-Gewerkschaft

Die Kurs-Änderung der ÖVP in Sachen Schulpolitik stößt auf Widerstand in der ÖVP-dominierten Lehrer-Gewerkschaft. ÖAAB-Chef Michael Spindelegger hatte erstmals deutliche Bereitschaft in Richtung Ganztagsbetreuung signalisiert. Beamten-Gewerkschafter Fritz Neugebauer stellt dafür aber Bedingungen.

Neugebauer will mehr Personal

Denn: Die Forderung nach mehr Ganztags-Schulplätzen könne man zwar umsetzen, aber nur wenn die Politik dafür mehr Personal zur Verfügung stellt. Soll heißen: Mehr Betreuung soll nicht mehr Arbeitszeit für den einzelnen Lehrer bedeuten. Die derzeitige Arbeit entspreche ja ohnehin bereits einer 40-Stunden-Woche, zeigte sich Neugebauer im Ö1-Morgenjournal überzeugt.

Aus seiner Sicht wird es sicher nicht zu der von Unterrichtsministerin Claudia Schmied (SPÖ) im neuen Dienstrecht geplanten Anhebung der Lehrverpflichtung kommen: "Wir sind ausreichend argumentativ gerüstet, um dieses Match für uns zu entscheiden", gibt sich Neugebauer vor den Personalvertretungswahlen der Bundesbediensteten im November kämpferisch.

Warnung vor "Arbeitsplatzvernichtung"

Zudem hätten die Lehrer im Mai nach dem Streit um zwei zusätzliche Unterrichtsstunden ohnehin schon Opfer gebracht, indem einzelne Zulagen gestrichen wurden. "Sie haben bereits 200 Millionen im Frühjahr abgeliefert aus Solidarität." Er wiederholte auch das Argument, dass eine Anhebung der Lehrverpflichtung mit Arbeitsplatzvernichtung gleichzusetzen sei.

Das zusätzliche Geld für einen Personalausbau für die Nachmittagsbetreuung soll laut Neugebauer "vom Steuerzahler" kommen. "Alles was wir uns sonst noch zusätzlich leisten wollen, muss man den Menschen sagen, ist zusätzlich zu finanzieren. Das ist so."

Spindelegger will Elternbeitrag für Nachmittagsbetreuung

Die ÖVP will bei der Ausdehnung der Nachmittagsbetreuung an den Schulen auch einen Kostenbeitrag von Ländern, Gemeinden und Eltern einfordern. ÖAAB-Obmann Michael Spindelegger räumte am Dienstag vor dem Ministerrat ein, dass mehr Nachmittagsbetreuung auch mehr kosten werde, "aber bei der Aufteilung der Kosten muss man auch realistisch sein". Er wünscht sich etwa eine Kostenbeteiligung der Eltern für die Verpflegung und die Betreuung der Kinder am Nachmittag.

Mitzahlen sollen nach Ansicht des ÖAAB-Obmanns neben dem Bund auch Länder und Gemeinden, die teilweise jetzt schon für die Schülerhorte zuständig sind. Auch Änderungen im Lehrerdienstrecht (Stichwort: Höhere Lehrverpflichtung) sind für den ÖVP-Arbeitnehmerchef nicht tabu: "Natürlich wird man auch darüber reden müssen." Dass sich Neugebauer in dieser Hinsicht schützend vor die Mitarbeiter stelle, sei verständlich, so Spindelegger: "Das alles muss in Sozialpartnerverhandlungen mit der Ministerin geklärt werden."

Reaktionen

Eltern werden laut der SPÖ auch künftig nicht für Nachmittagsbetreuung zahlen müssen. SPÖ-Bundesgeschäftsführerin Laura Rudas hat am Dienstag die Forderung von ÖAAB-Obmann Michael Spindelegger nach einem Elternbeitrag bei der Nachmittagsbetreuung zurückgewiesen. Schließlich würden gerade den Eltern jener Kinder, die eine ordentliche Nachmittagsbetreuung brauchen, oft die finanziellen Mittel fehlen. Und eine Nachmittagsbetreuung nur für jene, die genug Geld haben "wird es mit der SPÖ sicher nicht geben. "

Auch FPÖ und BZÖ haben sich am Dienstag für eine Ausweitung des Angebots an Nachmittagsbetreuung ausgesprochen. Dieses müsse allerdings unbedingt freiwillig sein, betonten die Bildungssprecher Walter Rosenkranz (FPÖ) und Ursula Haubner (BZÖ). Außerdem solle die Nachmittagsbetreuung durch Hortpersonal statt durch Lehrer erfolgen, denn Hauptaufgabe der Pädagogen müsse der Unterricht bleiben, so Rosenkranz. Haubner hob hervor, dass Eltern durch die Nachmittagsbetreuung keine zusätzlichen Kosten entstehen dürften.

Grünen-Bildungssprecher Harald Walser zeigte sich zwar erfreut über den Vorstoß Spindeleggers. Er warnte allerdings davor, Ganztagsschulen nur als Aufbewahrungsanstalten zu sehen. Unterricht müsse dort vormittags und nachmittags stattfinden, als Auflockerung brauche es Ruhephasen, Sportunterricht und musisch-kreative Angebote. (APA/red, derStandard.at, 13.10.2009)