Wien - Die Position der katholischen Kirche war immer klar und schien trotz steter Kritik unverrückbar: Eine gültige und vollzogene Ehe zwischen Getauften ist nach katholischem Verständnis unauflöslich und kann daher nicht geschieden werden. Zivil wiederverheiratete Geschiedene leben demnach im "Dauerehebruch" und sind von den Sakramenten ausgeschlossen.

Vor diesem Hintergrund sorgt ein Blick in eine jüngst erschienene Sondernummer der Kirchenzeitung der Erzdiözese Wien, versandt an 1,5 Millionen Haushalte, für Verwunderung. Im "Sonntag für alle" tritt der Rektor des Päpstlichen Instituts Santa Maria dell'Anima in Rom, Franz Xaver Brandmayr, in einem Kommentar auffallend deutlich (und letztlich mit erzbischöflichem Sanktus) für einen kirchlichen Segen für Paare, die wegen einer gescheiterten katholischen Ehe nicht mehr kirchlich heiraten können, ein: "Unabhängig davon, ob die rechtliche Klärung den Weg zu einer neuen kirchlichen Eheschließung eröffnet oder nicht, gilt es mit allen Betroffenen so umzugehen, dass liebevolle Zukunft möglich ist." Nachsatz: "Dem, was sich dabei aus ehrlichem Bemühen ergibt, wird der kirchliche Segen nicht zu verweigern sein." Für den Wiener Erzbischof Kardinal Christoph Schönborn ist das neue Massenmedium übrigens eine "Visitenkarte, die den Menschen Auskunft geben soll, was die katholische Kirche tut und wofür sie steht."

Einen vorsichtigen Kurswechsel der katholischen Kirche in dieser heiklen Frage will Schönborn-Sprecher Erich Leitenberger dennoch nicht sehen: "Es lässt sich daraus keine generelle Regel ableiten - die Lösung schlechthin gibt es nicht. Es geht immer nur um einzelne Fälle. Und da kann es auch Ausnahmen geben." (DER STANDARD-Printausgabe, 13.10.2009)