Rheinsberg/Berlin - Die Bundestagsfraktion der Linkspartei will auch in der neuen Legislaturperiode für den sofortigen Abzug der deutschen Bundeswehr aus Afghanistan eintreten. Damit hält sie an einer der zentralen Hürden für eine engere Zusammenarbeit mit der SPD fest. Zudem beschloss die neue Bundestagsfraktion am Samstag bei einer Klausursitzung im brandenburgischen Rheinsberg, auch von der SPD durchgesetzte Verschärfungen sozialpolitischer Leistungen rückgängig machen zu wollen. Berlins Regierender Bürgermeister Klaus Wowereit warb bei der SPD unterdessen erneut für ein Ende der Tabuisierung einer Zusammenarbeit mit der Linkspartei.

Lafontaine nicht mehr Fraktionschef

Er sehe nicht, dass die Linkspartei für eine bessere Zusammenarbeit auf die SPD zugehen müsse, sagte Fraktionschef Gregor Gysi. "Die Signale müssen erst einmal von den anderen kommen." Gysi war mit 95 Prozent der Stimmen im seinen Amt bestätigt worden und führt nun allein die Fraktion, nachdem der Co-Vorsitzende Oskar Lafontaine überraschend seinen Verzicht auf eine neuerliche Kandidatur erklärt hatte.

An die Adresse der SPD gerichtet erklärte Gysi: "Die müssen doch erst einmal die Entscheidung treffen, dass sie auch dafür sind, dass die Bundeswehr abzieht aus Afghanistan und zwar nicht irgendwann." In dem von der Fraktion einstimmig verabschiedeten Zehn-Punkte-Plan heißt es: "Wir werden im Bundestag einen Afghanistan-Friedensvorschlag vorlegen, der Entsendung weiterer Soldaten widersprechen und den Abzug der Bundeswehr fordern." Die SPD verfolgt zwar auch eine Perspektive für den Rückzug deutscher Soldaten vom Hindukusch, lehnt aber einen sofortigen Abzug der Bundeswehr als unverantwortlich ab.

Sozialpolitik als Schwerpunkt

Schwerpunkt des Linken-Fraktionspapiers sind sozialpolitische Forderungen. So tritt die Linkspartei für einen flächendeckenden Mindestlohn von zehn Euro pro Stunde, die Anhebung des Kurzarbeitergelds auf 36 Monate und die Verlängerung der Gewährung von Arbeitslosengeld I auf mindestens zwei Jahre ein. Gestrichen werden soll die Rente mit 67. Verbessern möchten sie dagegen die Leistungen für Hartz-IV-Empfänger. Außerdem wollen die Linken engere Grenzen für Leiharbeit und ein Verbot von Massenentlassungen bei nicht von Insolvenz bedrohten Betrieben.

Die Rente mit 67 hatte der noch amtierende SPD-Chef Franz Müntefering durchgesetzt. Auch Einschränkungen bei den Leistungen für Arbeitslose gehen auf die Reformpolitik Agenda 2010 des früheren deutschen Bundeskanzlers Gerhard Schröder zurück. Allerdings gibt es mittlerweile in der SPD selbst starke Bestrebungen, Teile der sozialen Einschnitte rückgängig zu machen. Zeitgleich bemühen sich führende Sozialdemokraten, die SPD von dem entschiedenen Nein zu einer Zusammenarbeit mit den Linken auf Bundesebene zu lösen.

Wowereit will Linke nicht tabuisieren

So forderte Wowereit bei einem Landesparteitag der Berliner SPD am Samstag erneut ein Ende der Tabuisierung einer Zusammenarbeit mit den Linken. "Wir müssen uns vom Tabu der Linkspartei trennen. Wir wollen Optionen haben. Optionen gewinnt man aber nicht durch Tabuisierung. Und das muss weg", forderte er vor den Delegierten. Auch inhaltlich ging Wowereit auf die Linkspartei zu. Wenn die Rente erst mit 67 Jahren für eine große Mehrheit der Bevölkerung ein Reizwort sei, müsse dies auch von der SPD zur Kenntnis genommen werden, forderte er.

Nach dem Forderungskatalog der Linksfraktion sollen die sozialen Sicherungssysteme, wie etwa die gesetzliche Krankenversicherung, bei Bedarf mit mehr Steuermitteln finanziert werden. Eine Beitragserhöhung wollen die Linken vermeiden. Dies soll zum Teil durch höhere Steuern für Reiche finanziert werden.

Den von den deutschen Grünen angestrebten Parlamentarischen Untersuchungsausschuss zum geplanten Atomendlager Gorleben wollen die Linken unterstützen. Auch die atomaren Lager Asse, Schacht Konrad und Morsleben sollen in den Untersuchungsauftrag einbezogen werden. (APA/Reuters)