Helsinki - Eine Gruppe Aktivisten, die die Rückkehr der im Zweiten Weltkrieg an die Sowjetunion abgetretenen Gebiete Finnlands fordert, hat am Freitag einen ebenso überraschenden wie spektakulären Etappenerfolg erzielt. Ein Gericht in Helsinki verbot dem deutsch-russischen Baukonsortium Nord Stream bis auf weiteres, mit der Sprengung alter Seeminen auf der geplanten Trasse der umstrittenen Ostsee-Pipeline weiterzumachen.

Die Gruppe anonymer Geschäftsleute, vertreten durch den als Geschichtsrevisionisten in Erscheinung getretenen Rechtsanwalt Kari Silvennoinen, hatte pro forma eine Schürflizenz am Meeresboden beantragt. Obwohl das Wirtschaftsministerium in Helsinki die Lizenz vorerst als unzureichend begründet verweigerte, verfügte das Gericht nun eine Sprengungsverbot in den betroffenen Meeresteilen, um die bisher nicht in letzter Instanz entschiedenen, möglichen Schürfrechte nicht zu verletzen.

Vertreter von Nord Stream wollten die Verfügung des Gerichts am Freitagabend vorerst nicht kommentieren. Noch am Vortag hatte eine Debatte über die noch nicht abgeschlossene Umweltprüfung der Pipeline im finnischen Parlament stattgefunden. Dabei betonten Regierungsvertreter, unter anderem Ministerpräsident Matti Vanhanen, die Entscheidung über das Pipeline-Projekt sei ausschließlich nach umwelttechnischen Kriterien zu treffen.

Finnland verlor im Verlauf des Zweiten Weltkriegs größere Ostgebiete, darunter einen Teil Kareliens rund um die ehemals multikulturelle Ostseestadt Wyborg (Viipuri) an Russland. Rund 400.000 finnische Karelier wurden im Rahmen einer riesigen Aktion ins verbliebene Finnland ausgesiedelt. Anfang der 90er Jahre lebte die Diskussion um die Gebiete in Finnland kurzfristig wieder auf. In den vergangenen Jahren war das Thema Karelien in finnischen Kinofilmen, Theaterstücken sowie in zahlreichen Publikationen wieder auffallend präsent.

Vor allem die baltischen Republiken Estland, Lettland und Litauen sowie Polen stehen der Ostsee-Pipeline ausgesprochen negativ gegenüber. Sie befürchten massive Einbußen im Transitgeschäft sowie eine noch stärkere direkte Abhängigkeit von Gaslieferungen aus Russland. Auch in Schweden gibt es Bedenken. Dort befürchten Militärstrategen, Moskau könnte seine Wartungsrechte an der Pipeline zu Spionagezwecken missbrauchen. (APA)