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Je näher der Nationalfeiertag rückt, desto öfter sage ich mir: Es ist ein gutes Land. Und auch ein gamsiges Land. Wir haben einen supersexy Exfinanzminister. Wir haben extrascharfe (wenn auch manchmal etwas vergessliche) Staatsanwälte. Und wir haben das Stundenhotel "Orient" am Tiefen Graben im ersten Wiener Gemeindebezirk.

Als Staatsbürger, der sich um die demografische Entwicklung sorgt, freue ich mich stets, dass den ganzen Tag über Angehörige diversester Bevölkerungsgruppen gerade einmal 150 m Luftlinie von der Standard-Redaktion entfernt nach Herzenslust kopulieren: Ehefrauen und Ehemänner, Chefs und Sekretärinnen, Politikerinnen und Journalisten, Universitätsprofessoren und Studentinnen, Ministerialrätinnen undC-Beamte, Devisenhändlerinnen und Mitglieder der Finanzmarktaufsicht, Rechtsanwälte und Richteramtsanwärterinnen usf. Manchmal habe ich fast das Gefühl, als spürte ich die Vibrationen vom Tiefen Graben bis hierher an meinen Schreibtisch.

Wahrscheinlich ist der erste Wiener Gemeindebezirk einer der fruchtbarsten Lustorte in Österreich überhaupt. Die urbane Anonymität trägt ebenso zu einer latenten Grundgamsigkeit in der Innenstadt bei wie die ansehnliche Dichte an Nachtclubs, Puffs und sonstigen Puderantenstadln. Ich will hier keineswegs Zweifel am libidinösen Vermögen meiner Salzburger oder niederösterreichischen Mitbürger äußern. Nur lässt es sich eben in einem Stundenhotel im dichtverbauten Gebiet komfortabler kopulieren als auf einem Gebirgsstock im Tennengau oder auf einem Rübenacker im Weinviertel. Man denke nur an die Tannennadeln und Erdkrumen, die man sich nach einem Open-Air-GV mühselig aus der Unterwäsche kletzeln muss.

Leider ist solch kopulationskundliches Elementarwissen weniger verbreitet als man sich dies wünschte. Wer kennt hierzulande schon die Studie des Sozialpsychologen Thomas Pollet von der Uni Newcastle ("Wealthy men give women more orgasms", Sunday Times; 18. 1. 2009), wonach die Häufigkeit, mit der Frauen einen Orgasmus erleben, mit dem Einkommen des Partners steigt?

Glasklarer Schluss daraus: Lobbyisten für das österreichische Finanzministerium zählen zu den Toplustspendern im Land. Aber Vorsicht: Wenn jetzt die Steuer zuschlägt, ist nicht auszuschließen, dass Spitzenleute wie Meischi schon bald beträchtlich an Spritzigkeit einbüßen werden. (Christoph Winder, ALBUM - DER STANDARD/Printausgabe, 10./11.09.2009)