Berlin - Nach den ersten Beratungsrunden von Union (CDU/CSU) und FDP zeichnen sich in der deutschen Innen- und Rechtspolitik bisher die wenigsten Annäherungen in einem der zentralen Politikfelder der künftigen Koalition ab. Ein Medienbericht über angebliche Einigungen zu besonders strittigen Punkten wie den Bundeswehr-Einsatz im Inneren und Korrekturen am BKA-Gesetz sorgte am Freitag für zusätzlichen Ärger.

"Es ist gar nichts entschieden. Soweit sind wir noch lange nicht", sagte FDP-Innenpolitiker Max Stadler zu Reuters. Angesichts der Fülle der Themen zur Innen- und Rechtspolitik sei bisher noch nicht einmal der erste Durchgang zum Stand der Positionen abgeschlossen. Über mögliche Kompromisse sei noch gar nicht gesprochen worden.

Stoffsammlung

CDU-Innenexperte Wolfgang Bosbach stellte ebenfalls klar, es gebe noch keine Beschlüsse. "Wir haben eine Stoffsammlung und grob geklärt, wo Einigungen schneller möglich sind und wo es sehr schwierig werden dürfte", sagte Bosbach zu Reuters. Die FDP habe sich etwa beim Thema Bundeswehr nicht bewegt.

In der Innen- und Rechtspolitik trennen Union und FDP tiefe Gräben. Die Liberalen wollen unter Führung der früheren Justizministerin Sabine Leutheusser-Schnarrenberger ihr Profil als Anwalt der Bürgerrechte in der künftigen Koalition durchsetzen und fordern Änderungen bei den aus ihrer Sicht zu weitgehenden Anti-Terrorgesetzen und mehr Datenschutz.

Die "Leipziger Volkszeitung" berichtete am Freitag dagegen, die FDP habe bereits eingelenkt und Korrekturen beim BKA-Gesetz, den darin erlaubten Online-Durchsuchungen von Computern und der umstrittenen Vorratsdatenspeicherung weitgehend aufgegeben. Dafür müssten Union und Innenminister Wolfgang Schäuble weiterhin auf Einsätze der Bundeswehr bei Naturkatastrophen und schweren Unglücken verzichten.

CDU-Fraktionsvize Bosbach hatte die Liberalen kurz vor den Koalitionsberatungen mit einem Interview verärgert, in dem er Korrekturen an den von der Großen Koalition beschlossenen Sicherheitsgesetzen kategorisch ausschloss. "Wenn es bei diesen Vorfestlegungen bleibt, wird es sehr schwierig", sagte Stadler.

Aus FDP-Kreisen verlautete, die ständigen Falschmeldungen seien ärgerlich. Offenbar wollten einige Unionspolitiker schnelle Ergebnisse und voreilig Fakten schaffen. Damit schadeten sie ihrem Verhandlungsführer Schäuble. Von dem heißt es, er wolle trotz Kritik aus den Reihen der Unionsfraktion sein Amt fortführen. Deshalb könne er kein Interesse daran haben, am Ende in der großen Koalitionsrunde vor der Kanzlerin mit wenigen greifbaren Ergebnissen und einer langen Liste von ungelösten Streitpunkten auflaufen zu müssen.

Eine schnelle Einigung zeichnet sich nach den Worten von Bosbach und Stadler jedoch beim Mietrecht, beim Waffenrecht und zum Teil auch beim Datenschutz ab. "Wir sind uns einig, dass wir die Vermieter besser gegen sogenannte Mietnomaden schützen wollen", sagte Bosbach. Das neue Waffenrecht solle unverändert bleiben und erst nach zwei Jahren nochmals geprüft werden. (APA/Reuters)