Paris/Wien - Schluss mit dem Telefonieren in der Pause, aus für das SMSen im Unterricht: Frankreich will Handys aus Kindergärten, Volksschulen und der Mittelschul-Unterstufe verbannen. Dies hat am Mittwoch jedenfalls der Senat beschlossen. Als Zweite Kammer des französischen Parlaments kann er nicht allein entscheiden; sein Beschluss muss noch von der Nationalversammlung abgesegnet werden. Doch da die regierende Rechtspartei UMP in beiden Kammern die Mehrheit hat und die Regierung das Vorhaben unterstützt, scheint die Verabschiedung in ein paar Tagen gesichert.

Der vom Senat beschlossene Gesetzestext ist klipp und klar: "In den Kindergärten, Primarschulen und Collèges ist die Benutzung des Mobiltelefons durch einen Schüler untersagt." Lehrerverbände hatten dieses Verbot seit längerem gefordert. Erst diese Woche war in Paris eine Studie erschienen, der zufolge 47 Prozent der Zwölf- bis 17-Jährigen sogar im Unterricht ihr Handy benützen, 19 Prozent haben sogar vom Handy anderer Schüler aus SMS verschickt. Insgesamt sieben Prozent der befragten Schüler gaben an, sie hätten ihren Lehrer schon einmal gefilmt - was an sich streng verboten ist.

Die vom Senat verabschiedete Regelung untersagt implizit auch die Anwendung auf dem Pausenplatz, ist doch das ganze Schulareal betroffen. Als Motiv angegeben wird allerdings nicht, dass die Handys die Schuldisziplin gefährdeten oder die Aufmerksamkeit beeinträchtigten. Der Senat begründet seinen Schritt mit dem Schutz jüngerer Schüler vor elektromagnetische Strahlen.

Die Staatssekretärin für Umweltschutz, Chantal Jouanno, hatte seit dem Frühling davor gewarnt. Gesundheitliche Schäden seien zwar nicht eindeutig erwiesen, doch Jugendliche im Entwicklungsstadium, die regelmäßig kleinen Strahlendosen ausgesetzt seien, müssten vor möglichen Langzeitfolgen geschützt werden. Deshalb wollte Jouanno auch Kopfhörer für unter Zwölfjährige für obligatorisch erklären, um Handystrahlung auf das Gehirn zu vermeiden. Der Senat sieht obligatorische Freisprecheinrichtungen allerdings nur für gewisse Arbeitnehmer verbindlich vor.

Die Kammer beschloss auch ein Verbot für Handy-Werbung, die sich speziell an Kinder unter 14 Jahren richtet. All diese Entscheidungen dürften noch diese Woche an die Nationalversammlung zur Beschlussfassung gehen.

Debatte in Österreich

Die Wiener Ärztekammer griff den französischen Beschluss zum Handyverbot auf, um erneut eine ähnliche Regelung für Österreich zu fordern. Es gebe zunehmend Hinweise auf mögliche Gesundheitsgefährdungen durch Mobilfunk, lautete die Begründung. Laut "Forum Mobilkommunikation", der Interessenvereinigung der Handy-Industrie, zeigten jüngste wissenschaftliche Erkenntnisse das Gegenteil: Mobilfunk sei eine sichere Technologie.(Stefan Brändle, DER STANDARD, Printausgabe, 8.10.2009)