Rom - Seit seinem Quereinstieg in die Politik im Herbst 1993 hatte Silvio Berlusconi immer wieder Ärger mit der Justiz. Hier ein Überblick über die Prozess-Serie des umstrittenen Politikers und reichsten Geschäftsmannes Italiens. Zwei Verfahren gegen den Ministerpräsidenten müssen wieder aufgenommen werden, nachdem das Verfassungsgericht am Mittwoch ein Immunitätsgesetz gekippt hat, das Berlusconi Straffreiheit gewährte.

DER MEDIASET-KORRUPTIONSFALL

Die Mailänder Staatsanwaltschaft wirft Berlusconi vor, dem britischen Anwalt David Mills - Ex-Ehemann der britischen Olympia-Ministerin Tessa Jowell - im Jahr 2000 ein Schmiergeld in Höhe von 600.000 Dollar (456.066 Euro) gezahlt zu haben. Mills soll für das Geld bei zwei Aussagen vor Gericht im Jahr 1997 kriminelle Details zu Berlusconis Medien-Imperium zurückgehalten haben. Deswegen wurde Mills im Februar 2009 zu vier Jahren und acht Monaten Haft verurteilt. Berlusconi wird in diesem Zusammenhang Bestechung vorgeworfen. Möglich ist dafür eine Haftstrafe von drei bis acht Jahren. Das im November 2006 begonnene Verfahren wurde im Oktober 2008 dank des Immunitätsgesetzes ausgesetzt, das Berlusconi Straffreiheit gewährte - bis jetzt.

MEDIASET-HAUPTVERFAHREN

Berlusconi und Mills stehen hier mit zehn weiteren Angeklagten vor Gericht. Unter anderem wird wegen des Vorwurfs der Geldwäsche verhandelt, auf die bis zu zwölf Jahren Haft stehen. Der schwerwiegendste gegen Berlusconi erhobene Vorwurf ist Steuerhinterziehung. Dafür drohen ihm bis zu sechs Jahre Haft.

Der Anklage zufolge übernahm Mediaset Fernsehrechte von einer US-Firma, allerdings über den Umweg von zwei im Ausland angesiedelten Unternehmen, die ebenfalls von Berlusconi kontrolliert wurden. Die Transaktionen sollen zwischen 1994 und 1999 abgewickelt worden sein. Damit hätten die Beteiligten gezielt ihre Steuerpflicht in Italien umgehen wollen und zudem Schmiergeld beiseite geschafft. Auch dieses Verfahren wurde im September 2009 wegen des mittlerweile aufgehobenen Immunitätsgesetzes ausgesetzt.

CAUSA ALL IBERIAN

Auch dieser Fall wurde in zwei Verfahren getrennt. Berlusconi war einerseits angeklagt, Anfang der 90er Jahre Geld für eine illegale Parteienfinanzierung über die von seiner Familie kontrollierte Holding Fininvest an eine ausländische Firma namens All Iberian transferiert zu haben. Dafür wurde er im Juli 1998 schuldig gesprochen und erhielt eine Verurteilung zu zwei Jahren und vier Monate Gefängnis. Ein Jahr später wurde die Strafe wegen Verjährung fallen gelassen.

Im zweiten Verfahren wurde Berlusconi eine falsche Buchführung vorgeworfen. Der Prozess wurde ausgesetzt und letztlich eingestellt, nachdem die von Berlusconi geführte Regierung ein Gesetz über eine schnellere Verjährung solcher Vergehen durchgebracht hatte.

ANDERE VERFAHREN

Wegen Bestechung mehrerer Steuerbeamter in den Jahren 1989 bis 1993 wurde Berlusconi zu zwei Jahren und neun Monaten Haft verurteilt. Es folgte allerdings ein Freispruch in allen Punkten in der Berufung.

Wegen der Bestechung von Richtern im Zusammenhang mit dem Verkauf des Lebensmittelkonzerns SME in den späten 80er Jahren wurde Berlusconi im Dezember 2004 schuldig gesprochen. Wegen der neuen, milderen Verjährungsvorschriften wurde nie eine Strafe ausgesprochen.

Auch die Fälle Lentini und Medusa endeten wegen Verjährung ohne Strafe: Sowohl im Zusammenhang mit dem Kauf des Fußballspielers Gianluigi Lentini für den Verein AC Milan als auch beim Kauf der Filmproduktionsfirma Medusa wurde Berlusconi eine falsche Buchführung vorgeworfen.

Wegen Verjährung wurde schließlich auch die Klage wegen eines Schmiergeldtopfes bei Fininvest fallengelassen, durch den eine Milliarde Dollar geflossen sein sollen. (APA)