Wien/Innsbruck - An der Uni dreht sich alles um die Bologna-Reformen. In der Euphorie der Umstellung auf das Bachelor- und Master- System werden aber langsam Tücken sichtbar, die für manche Studierende zum Verhängnis werden könnten: Masterzugangsbedingungen, eventuell auch auf Notenbasis. "Wenn ich von Anfang an gewusst hätte, dass es Zugangsbeschränkungen für den Master geben wird, hätte ich mehr auf meine Noten geachtet", ärgert sich Peter Gruber. Er studiert Volkswirtschaft, ist berufstätig und vom alten Diplom in den Bachelor umgestiegen, weil er einen Abschluss in der Übergangsfrist nicht schafft.

Da bisher Noten aus dem ersten Abschnitt nicht wichtig waren, haben die wenigsten Studierenden auf ihren Notenschnitt geachtet. Dies könnte nun für jene fatal werden, die freiwillig in den Bachelor gewechselt sind und ihre Noten aus dem Diplomstudium anrechnen haben lassen. Sie müssten entweder Kurse wiederholen und dadurch Zeit verlieren oder im Kampf um einen Platz im Master einen Nachteil durch den Notenschnitt in Kauf nehmen.

Das ist aber nicht die einzige Verschlechterung, die manche bemerken. "Auf Bachelorebene sind die Kurse anders geblockt und ich muss Inhalte bereits absolvierter Vorlesungen wiederholen", sagt Gruber. Bei Prüfungen sei auch die Qualität schlechter geworden, da die an sich gleichen Inhalte durch die verstärkten Multiple-Choice- Fragen viel einfacher und grober abgeprüft werden.

Für Studierende, die versuchen, ihr Diplomstudium noch rechtzeitig abzuschließen, steigt indessen der Druck. "Es werden Kurse plötzlich nur mehr einmal pro Jahr angeboten", ärgert sich Sophie Wollner, Bundesvorsitzende des VSStÖ. "Studierende laufen dadurch Gefahr, Beihilfen zu verlieren und noch stärker in Zeitdruck zu geraten."

Lukas Kindl von der Studierendenvertretung der Sowi Innsbruck findet es prinzipiell schade, dass der alte Studienplan ausläuft. Gerade in den Sozialwissenschaften sei es wichtig, viele freie Wahlfächer zu haben, "um über den Tellerrand hinauszublicken" sagt er. "Durch das verschulte Bachelorsystem wird das fast unmöglich gemacht."

Eine weitere Kuriosität, die dem Bologna-Gedanken der größeren Mobilität widerspricht, ortet Wollner bei der Anrechenbarkeit innerhalb Österreichs. "Es gibt vor allem bei Politikwissenschaft eine Schrebergartenmentalität der Unis, jeder denkt, wir sind toller als die anderen", sagt sie. Wenn man in Zeiten der "Generation Praktika" einen Job in einer anderen Stadt bekommt und daher wechseln müsse, habe man bereits im Diplomstudium Probleme. "Durch die Masterregelung wird das Wechseln innerhalb Österreichs noch schwerer gemacht", sagt Wollner.

Grund für die vielen Probleme sei aber nicht der Unwille der Unis, meint Kindl, sondern die prekären Budgetmittel. "Unser Studienprogrammleiter hat einfach kein Geld, um die Fristen zu verlängern und die Kurse weiterhin anzubieten." (Astrid-Madleine Schlesier, DER STANDARD, 08.10.2009)