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Mit Studien à la Bologna wird Studenten ein schwerverdauliches Menü von Arbeitsmarkttauglichkeit und Leistungspunkten aufgetischt. (Foto: AP; Illu.: Friesenbichler)

Foto-Montage: AP/Tarantino/STANDARD

Frage: Was ist der Bologna-Prozess?

Die Bezeichnung "Bologna-Prozess" steht für das Verfahren zur Schaffung eines einheitlichen europäischen Hochschulraums. Diese Mission begann mit der Unterzeichnung der "Bologna-Erklärung" im Jahre 1999 in der italienischen Stadt Bologna. Das Ziel wurde aber schon 1998 publik gemacht: In der "Sorbonne-Erklärung" sprach man von einer "Harmonisierung der Hochschulsystemarchitektur", um die Bildungspolitik innerhalb Europas enger zusammenwachsen zu lassen. In dieser heißt es: "Es ist nicht nur ein Europa des Euro, der Banken und der Wirtschaft: Es soll auch ein Europa des Wissens sein."

Der Bologna-Prozess sollte außerdem die Attraktivität von europäischen Unis für internationale Studierende steigern und für einen besseren Stellenwert der universitären Bildung in Europa sorgen.

Frage: Wer hat diese Vereinheitlichung beschlossen, und wie wurden die Hauptziele formuliert?

Beschlossen und unterzeichnet wurde die Bologna-Erklärung durch die Bildungsminister von 29 europäischen Staaten, für Österreich signierte Casper Einem. Mit dem gemeinsamen Hochschulsystem wollte man mehrere Ziele erreichen: etwa die Förderung von Mobilität, von der Wettbewerbsfähigkeit und der Beschäftigungfähigkeit der Absolventen.

Frage: Welche konkreten Veränderungen hat der Prozess bis jetzt gebracht?

Neben Veränderungen, die sich erst im Laufe der Zeit bemerkbar machen, gibt es auch jene, die der kleine Studierende schon jetzt spürt: Zum einen der Umstieg auf ein gestuftes Studiensystem (Bachelor, Master, PhD) und somit die Schaffung vergleichbarer und leichter anzuerkennender - so wurde es zumindest angestrebt - Abschlüsse. Zum anderen die Einführung eines Leistungsbeurteilungssystems (European Credit Transfer System, ECTS), welches vielen aufgrund der Komplexität Kopfschmerzen bereitet.

Frage: Welche Nachteile sehen Kritiker in der einheitlichen Architektur?

Antwort: In mindestens ebenso großem Ausmaß, wie das neue Hochschulsystem gelobt wurde, übte man auch Kritik; meist ist Studentenverbänden und Universitätsorganen das neue System ein Dorn im Auge. Ihr Hauptkritikpunkt ist, dass die neue Architektur dem Fundament jeder Universität, der Einheit von Forschung und Lehre, widerspreche. Grund dafür sei der Mangel an Forschung und Vertiefung in die Materie im Bachelor-Studium, da dieses in drei Jahren abgeschlossen werden muss. Damit beabsichtige man Kosteneinsparungen und eine "Auffettung" der Akademikerquote.

Frage: Welche Bilanz ist nach zehn Jahren Bologna-Prozess zu ziehen?

Antwort: Eine aussagekräftige Bilanz zu ziehen ist auch nach zehn Jahren Bologna-Prozess nicht ganz möglich. Denn obwohl im Herbst 2007 schon 82 Prozent aller Studiengänge an österreichischen Universitäten auf die Bachelor-/Master-Struktur umgestellt waren, muss für eine erste (nur wenig aussagekräftigere) Analyse bis frühestens 2010 auf die erste große Anzahl an fertigen Bachelors gewartet werden. Derzeit bestehen allerdings Probleme bei der Anerkennung des Bachelors durch Unternehmen als Akademiker, sowie bei dem Ziel zur Verringerung der Abbruchquote, die laut Angaben des HIS in Deutschland durch den Bachelor in technischen und naturwissenschaftlichen Studien sogar gestiegen ist. (Sara Mansour Fallah, Uni-STANDARD, 08.10.2009)