Wien - Die entwicklungspolitische Nichtregierungsorganisation (NGO) Südwind hat am heutigen Mittwoch anlässlich des Welttages für menschenwürdige Arbeit auf die Arbeitsbedingungen von Beschäftigten in den Zulieferbetrieben des Diskonters Lidl aufmerksam gemacht. In Wien, Linz, Graz und Innsbruck verteilen Aktivisten Postkarten mit dem Slogan "Ein Einkauf bei Lidl kann so ziemlich alles sein. Außer fair" an Passanten.

In Graz findet heute ab 17.30 Uhr ein Protestmarsch unter dem Motto "Spiel mir das Lidl vom Recht auf faire Arbeitsbedingungen" statt. Rund 30 Aktivisten werden - bekleidet mit T-Shirts, auf denen die Forderungen an Lidl stehen - mit dekorierten Einkaufswägen durch die Grazer Innenstadt gehen und über die Arbeitsbedingungen in der Bekleidungsproduktion bei Lidl und seinen Zulieferern informieren.

In Wien steht die Aktion unter dem Motto "KonsumentInnen waschen Lidl den Kopf. Für faire Arbeitsbedingungen". Als Arbeiter und Verkäufer verkleidete Aktivisten liegen am Boden, über ihnen sitzen drei Manager. Hinter ihnen stehen drei Konsumenten und waschen ihnen den Kopf.

Ziel dieser Aktionen im Rahmen der "Clean Clothes Kampagne" sei, Druck auf das Lidl-Management auszuüben, damit die Arbeitsbedingungen in Billiglohnländern wie Bangladesch und Indien nachhaltig verbessert werden. Die gesammelten, unterschriebenen Postkarten werden bis Ende des Jahres an Lidl überreicht, teilte Südwind in einer Aussendung mit.

Lidl ließ per Aussendung wissen, dass die Anliegen der "Clean Clothes Kampagne" "sehr ernst" genommen würden. "Wir sind uns der Verantwortung bei der nachhaltigen Verbesserung von Arbeitsbedingungen bewusst und nehmen diese als global agierendes Unternehmen auch wahr - in der Lieferkette und im Umgang mit unseren Lieferanten und Produzenten", meinte der Vorsitzende der Geschäftsleitung Lidl Austria, Hanno Rieger.

Lidl wehrt sich

Lidl lehne seit jeher jegliche Form von Kinderarbeit sowie Menschen- und Arbeitsrechtsverletzungen bei der Herstellung seiner Waren ab. Als "einer der ersten Diskonter" sei Lidl im Juni 2006 der Non-Profit-Organisation "Business Social Compliance Initiative" (BSCI) beigetreten. Ziel dieser Organisation mit Sitz in Brüssel sei die Verbesserung der Arbeitsbedingungen in der weltweiten Produktions- und Lieferkette, vor allem in Entwicklungs- und Schwellenländern. Lidl habe einen "Code of Conduct", einen eigenen Verhaltenskodex für Lieferantenbeziehungen, entwickelt, zu dessen Einhaltung sich alle Lidl Lieferanten verpflichten.

Die BSCI-Mitgliedschaft von Lidl ist laut Südwind eine reine Unternehmensinitiative. "Nur unabhängige Kontrollen in Zusammenarbeit mit Gewerkschaften und NGOs in den Produktionsländern stellen wirklich faire Arbeitsbedingungen sicher", so die Koordinatorin der Clean Clothes Kampagne, Michaela Königshofer.

Südwind wirft der Diskontkette vor, Bekleidung für Hungerlöhne produzieren zu lassen. "Die Arbeiter müssen in Slums leben und haben oft Schwierigkeiten, sich genug zum Essen oder medizinische Versorgung zu leisten. Wenn sie versuchen, sich gewerkschaftlich zu organisieren, droht die fristlose Entlassung in den Zulieferbetrieben. Die Arbeitsbedingungen in den Zulieferbetrieben von Lidl sind menschenunwürdig", heißt es in der Aussendung.

Die Billig-Supermarktkette Lidl gerät immer wieder massiv ins Kreuzfeuer der Kritik. Anfang vergangenen Jahres war bekanntgeworden, dass Lidl in Deutschland in vielen seiner Filialen Mitarbeiter durch Detektive systematisch überwachen ließ. Medienberichten zufolge war dabei unter anderem protokolliert worden, welcher Mitarbeiter wie oft zur Toilette ging oder wer mit wem womöglich ein Liebesverhältnis hatte. Die deutsche Gewerkschaft ver.di kritisiert die Arbeitsbedingungen bei Lidl schon seit Jahren. Erst vergangenen November erhob das Netzwerk "Clean Clothes Kampagne" gegenüber Lidl in Deutschland den Vorwurf, der Diskonter würde Textilien in Bangladesch unter extrem schlechten Bedingungen produzieren. (APA)