Wien - Schauplatz: Gymnasium Rahlgasse. Eine Tafel, ein Lehrerpult, Tische. Jung und alt warten auf die Premiere von Ich komma saufen. Mit einem Knall fliegt die Tür auf. Herein stürmt ein junger Mann mit fettigem Haar, ausgewaschenem T-Shirt, Jeans und Converse, einen Stressball in der Hand.

Er setzt sich keck auf den Lehrertisch und blickt in die Runde. "Hallo, ich bin H. und ich bin hier, weil ich euch was aus meinem beschissenen Leben erzählen muss."

H. erzählt von sich und seinen Freunden, von Trinkorgien, Cold Turkeys, über Querschnittslähmungen und Morden im Vollrausch, alles ist vertreten. Dabei nimmt er den Zuschauer auf den Arm und zieht seine Aussagen ins Lächerliche. Bei ihm zu Hause hätte es immer nur Streit gegeben, der Vater schlug die Mutter, will er dem Publikum weismachen. Mit einem hysterischen Lachen erzählt er, wie es wirklich war: Er komme aus gutbürgerlichem Hause, sei in die Tanzschule gegangen und es habe ihm an nichts gefehlt.

Verhängnisvoller Teufelskreis

Ja, zwei seiner Freunde sind gestorben, aber was soll's, passiert ist passiert. Bei der Beerdigung gab es ein großes Besäufnis. Es entsteht ein Teufelskreis. Keiner lernt aus den Fehlern des anderen, sondern im Gegenteil: "Lieber cool und tot als uncool und lebendig", lautet H.s Devise. Überhaupt: Beim Saufen fühlt man sich größer, besser, stärker.

Die Atmosphäre ist von Anfang an locker, der Schauspieler Sönke Schnitzer beherrscht den Jugendslang und schafft es, seine Geschichten authentisch rüberzubringen. Er hat die volle Aufmerksamkeit des Publikums, das aktiv einbezogen wird. Schnitzer macht seine Sache gut, was jedoch bleibt, ist die Frage nach der Aussage des Stückes. Denn als seine Erzählung endet, greift er in die Tasche und holt ein Fläschchen Wodka heraus. Er leert es in einem Zug und verlässt den Raum mit dem gleichen Knall mit dem er ihn betreten hat. (Antonia Reiss, Selina Thaler, DER STANDARD, Printausgabe, 7.10.2009)