Nationalratspräsidentin Barbara Prammer hätte gerne, dass es im Nationalrat eine weibliche Parität, also 91 oder 92 Frauen auf den 183 Parlamentssitzen gäbe. Ja gibt es denn so viele Frauen, die für ein Abgeordnetenmandat überhaupt infrage kommen? Nein, die gibt es gar nicht. Zumindest nicht nach der Logik von vier der fünf Parlamentsparteien. Die sind ja überzeugt, dass sie nur ihr allerbestes Personal ins Hohe Haus entsenden können - und da sind, leider, leider insgesamt nur 51 Personen weiblich.

Hinter dieser Argumentation mag eine Menge Zynismus stecken. Aber einen wahren Kern gibt es doch: Es kommen immer noch viel mehr männliche Kandidaten in Positionen, die als Sprungbrett für eine Berufspolitikerkarriere dienen können. Ein Blick in die Ministerbüros zeigt: Da sind die Schreibkräfte weiblich, die eigentlichen Ministersekretäre sind männlich. Sie lernen im Ministerbüro, wie Macht funktioniert, wo die Schnittstellen von Politik und Verwaltung liegen. Und wenn sie die Tätigkeit an der Seite ihres Chefs eine Zeitlang ausgehalten haben, schaffen sie den Aufstieg. Ähnlich läuft es in den Parteisekretariaten, in Gewerkschaftsbüros und Kammerorganisationen.

Frauen, die Politik gestalten wollen, bleibt oft nur der mit Frustrationserlebnissen gepflasterte Weg über die Kommunalpolitik. Von dort kommt man schwer zu höheren Funktionen. Kann man das ändern? Natürlich: Man muss nur über die Parteienförderung Anreize für neue Politlaufbahnen schaffen, die weibliche Karrieremuster berücksichtigen. (Conrad Seidl, DER STANDARD, Print, 7.10.2009)