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Ohne sie sähe die Welt heute anders aus: Charles Kao (li.) erfand das moderne Glasfaserkabel. Der von Willard Boyle (Mi.) und George Smith entwickelte CCD steckt in jeder Digitalkamera.

Fotos: REUTERS/Scanpix

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Erst die haarfeinen Glasfasern ermöglichten die Internetrevolution. Ihr Vater ist Charles Kao, der erste chinesische Forscher, der einen Nobelpreis erhielt.

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Die Geschichte von Charles Kaos Entdeckung ist eine, wie sie typisch ist für epochale Durchbrüche in der Forschung: Zunächst einmal stieß sie nur auf ungläubiges Kopfschütteln. Heute, 43 Jahre später, prägt seine Erfindung unser aller Leben, da ohne sie der Informationsaustausch rund um den Globus nicht funktionieren würde. Nur würdig und recht, dass sie nun auch mir einem (halben) Physiknobelpreis belohnt wurde.

Vor dem Jahr 1966 gab es zwar auch schon Glasfaserkabel zum Informationstransfer. Die taugten allerdings für große Datenmengen ziemlich wenig: Nach ein paar Metern war die Hälfte der Information verlorengegangen - aufgrund der inhärenten Eigenschaft von Glas, wie man damals glaubte.

Charles Kao, ein aus Schanghai stammender Ingenieur mit einem Doktorat aus Elektrotechnik vom Imperial College in London, war anderer Meinung. Der damals 33-Jährige war überzeugt, dass es nicht an den Glasfasern selbst lag, sondern an der Mangelhaftigkeit ihrer Qualität. Der Fachartikel, in dem er darlegte, wie Licht über große Distanzen in Glasfasern geleitet werden kann, sorgte bei vielen Experten zunächst einmal für Gelächter, wie sich John Midwinter, Professor emeritus am University College in London, erinnerte.

Doch den Skeptikern sollte das Lachen bald vergehen: Kao arbeitete an der Verbesserung der Qualität der Glasfasern, um sie gegenüber den damals dominierenden Koaxialkabeln konkurrenzfähig zu machen. Und siehe da: Vier Jahre später verkündete die Firma Corning Glass Works, dass sie Glasfaserkabel mit einem dramatisch reduzierten Informationsverlust hergestellt habe. Der Trick: Man hatte eine Art Quarzglas immer weiter verbessert - und damit den Jackpot geknackt.

Der Hauptgewinn stellte sich dann mit etwas Verspätung vor allem ab den 1990er-Jahren ein: dank des Internets, das durch die Glasfaserkabel und die beständige Erweiterung der Bandbreite erst richtig groß und weltumspannend wurde. Und so gut wie jede E-Mail, jedes SMS, jede Datei legt zumindest Teile ihrer Wege durch Glasfaserkabeln zurück.

Öffner von Pandoras Büchse

Charles Kao, der 1970 einem Ruf der Universität Hongkong folgte und später auch deren Rektor wurde, gab sich angesichts der rasanten Entwicklung des Internets dank seiner Entdeckung bescheiden: "Ich hoffe nur, dass ich mit dem Öffnen dieser Büchse der Pandora viel Freude über die Welt gebracht habe und nicht das Gegenteil", meinte der erste chinesische Gewinner eines Nobelpreises.

Auch die zweite Hälfte des Physiknobelpreises, der mit zehn Millionen Kronen (975.705 Euro) dotiert ist, ging an Forscher, deren Erfindung unsere Welt im Großen und unseren Alltag im Kleinen veränderte.

Der gebürtige Kanadier Willard Boyle und der US-Amerikaner George Smith entwickelten im Jahr 1969 bei ihrer Suche nach einer Möglichkeit zur Datenspeicherung das erste erfolgreiche bildgebende Verfahren unter Einsatz eines digitalen Sensors. Beim sogenannten CCD (Charge-Coupled Device) wird der von Albert Einstein beschriebene und 1921 mit dem Nobelpreis ausgezeichnete fotoelektrische Effekt genutzt, bei dem Licht in elektrische Signale umgewandelt wird. Die Herausforderung bei der Entwicklung eines solchen Bildsensors war, die Signale von vielen Bildpunkten, sogenannten Pixel, in kürzester Zeit auszulesen.

CCD, die das Herzstück der meisten digitalen Foto- oder Videokameras bilden, haben nicht nur die Fotografie revolutioniert. Sie werden auch in zahlreichen in der Wissenschaft eingesetzten bildgebenden Verfahren verwendet - etwa in Medizin oder Astronomie.

Große Zustimmung zur Entscheidung des Nobelkomitees kam vom Halbleiter-Spezialist Erich Gornik, Professor an der TU Wien. Gornik arbeitete von 1975 bis 1978 mit Boyle und Smith an den Bell-Laboratories in New Jersey. Und er erinnert sich, dass die beiden mit ihren Arbeiten damals "kein Aufsehen" erregt haben.

Das hat sich spätestens am Dienstag endgültig geändert. (Klaus Taschwer/DER STANDARD, Printausgabe, 07.10.2009)