Kairo - In Ägypten bahnt sich ein Konflikt um den traditionellen Gesichtsschleier an. Erst hat Scheich Mohammed Said Tantawi, der Vorsitzende des renommierten Al-Azhar Islam-Instituts in Kairo, ein Schleierverbot in der islamischen Al-Azhar-Universität angeordnet. Dann zog Hochschulminister Hani Hilal nach und verbot das Tragen des Gesichtsschleiers, bei dem nur mehr die Augen zu sehen sind, in allen Studentenwohnheimen des Landes.

Schülerin mit Niqab beleidigt

Die Kairoer Tageszeitung "Al-Masri al-Yom" berichtete am Montag, Scheich Tantawi habe am vergangenen Samstag den Unterricht in einem Institut der Universität besucht, in dem nur Frauen unterrichtet werden. Während der Inspektion sah er in einem Klassenraum eine Studentin mit Gesichtsschleier. Er befahl ihr, den Schleier abzunehmen und sagte: "Das sind nur Traditionen, mit dem Islam hat dieser Schleier nichts zu tun." Als die junge Frau den Niqab schließlich widerwillig ablegte, beleidigte er sie, indem er erklärte, so hübsch, dass sie ihr Gesicht vor aufdringlichen Blicken schützen müsse, sei sie nun schließlich auch nicht. Im Anschluss an die Inspektion erließ der Scheich ein Gesichtsschleierverbot für alle Lehrerinnen und Studentinnen der Al-Azhar-Universität.

Konflikt mit Moslembruderschaft

Am Montag kündigte die Ägyptische Initiative für Persönliche Freiheit rechtliche Schritte gegen die Entscheidung des Hochschulministers an. Die Mehrheit der Ägypterinnen trägt das islamische Kopftuch. In den vergangenen zehn Jahren hat zudem die Zahl der Frauen, die zusätzlich auch ihr Gesicht verhüllen, zugenommen. Die ägyptische Regierung beobachtet diese Entwicklung mit Sorge. Die offiziell verbotene Muslimbruderschaft, die nach eigenen Angaben eine "Islamisierung" des Landes mit friedlichen Mitteln anstrebt, ist die größte Fraktion der Opposition im ägyptischen Parlament. (APA/dpa)