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Sebastian Vettel (Mitte) will das beinahe Unmögliche möglich machen.

Foto: EPA/DIEGO AZUBEL

Suzuka - Nach seinem Sieg am Sonntag in Suzuka war der Deutsche Sebastian Vettel in Gedanken schon beim nächsten Coup. "Jedes Rennen ist eine Chance. Es ist alles machbar, alles kann passieren", sagte der Red-Bull-Pilot, dem als WM-Dritten zwei Rennen vor Saisonende 16 Punkte auf Leader Jenson Button fehlen. "Der Kampf geht weiter", meinte sein Red-Bull-Teamchef Christian Horner. "Seb gibt der WM eine neue Wende", titelte die italienische "La Gazzetta dello Sport" am Montag angesichts des neu eröffneten Titelkampfes in der Formel 1.

Horner: "Ein steiler Berg"

Im Lagen der "Roten Bullen" sieht man die eigenen Boliden im Saisonfinish gegenüber den Brawn-Autos von Button und Rubens Barrichello im Vorteil. "Es ist immer noch ein steiler Berg, aber der Mount Everest ist auch schon bestiegen worden", erklärte Horner. Vettel gibt sich vor den WM-Läufen in Brasilien und Abu Dhabi kämpferisch. "Es ist doch ganz einfach: Das Beste, was wir tun können, ist zu gewinnen. Wir sind hier, um zu fighten. Beide Strecken sollten unserem Auto gut liegen", meinte Vettel.

Das gegnerische Lager rang wegen des verpassten vorzeitigen WM-Triumphes um Fassung. Bedrückt suchte Button Trost in seinem weiterhin komfortablen Vorsprung. "Ich gehe zuversichtlich nach Brasilien und freue mich auf die Herausforderung", versicherte der 29-Jährige, der als Achter in Suzuka gerade noch einen Punkt gerettet hatte und nun 85 Zähler auf dem Konto hat. Erster Verfolger bleibt sein Teamgefährte Barrichello. Doch nach Rang sieben in Japan ist Vettels Rückstand auf den Brasilianer (71 Punkte) auf zwei Zähler geschmolzen.

Schwierige Ausgangsposition

"Es wird eine sehr aufregende Schlussphase", orakelte Teamchef Ross Brawn. Allerdings muss Vettel (69 Punkte) trotz derzeit 16 Zählern Rückstand auf den klaren WM-Favoriten sogar 17 gutmachen, weil bei Punktgleichheit Button dank der höheren Zahl an Saisonsiegen (aktueller Stand: 6:3) Weltmeister wäre. Selbst wenn der Deutsche beide Läufe gewinnt, darf der Brite maximal drei Punkte holen, sprich einmal Sechster oder einmal Siebter und einmal Achter werden.

In allen Ecken des Fahrerlagers wurde nach der Vettel-Show die Erinnerung an Kimi Räikkönens WM-Wunder von 2007 beschworen. "Lewis Hamilton hat vor zwei Jahren einen Vorsprung von 17 Punkten in zwei Rennen weggeworfen", rechnete Vettel selbst seine Chancen vor. "Alle haben ihm gesagt, das wäre doch kein Problem, er muss doch nur noch ein paar Punkte sammeln. Aber manchmal läuft dann eben alles gegen dich."

Hamiltons verschenkter Titel war auch ein Top-Thema in den britischen Medien. "Jenson will kein "Lew-ser" sein", erinnerte "The Sun" mit einem Wortspiel an die damalige "Tragödie" um den McLaren-Mercedes-Mann. "Jenson Button hat sich geschworen, den Titel 'nicht wie Lewis Hamilton zu verspielen', während sein Griff nach der Weltmeisterschaft stockte."

Druckverteilung

Doch Button ist ganz offenbar ins Grübeln geraten. "Das Wichtigste ist jetzt, keinen Fehler mehr zu machen und Punkte zu holen", meinte der Engländer und mühte sich nach Kräften, die Last des Favoriten abzuschütteln. "Je näher wir ans Ende kommen, desto lockerer wird es und desto mehr haben die, die mich jagen, den Druck. Button muss am 18. Oktober in Sao Paulo mindestens auf Platz fünf fahren, um aus eigener Kraft schon in Brasilien Weltmeister zu werden. Die spanische Zeitung "El Pais" urteilte: "Button fährt mit dem Taschenrechner."

Auch Vettel weiß das: "Wir konzentrieren uns nur auf uns selbst und wollen das Maximale herausholen. Was Jenson und Rubens machen, liegt nicht in unserer Hand." Die wohl zu große Zahl von Patzern und Pannen in diesem Jahr schmerzen den Hessen mehr denn je. "Wir hätten beständiger sein können. Wir haben einige Fehler gemacht, hatten einige Probleme. Wenn man um den Titel kämpft, sollte das nicht passieren", analysierte Vettel nüchtern. Doch Champion hin oder her, schon jetzt zog der 22-Jährige zufrieden Bilanz: "Wir hatten eine großartige Saison." (APA)