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In Jerusalem sind tausende zusätzliche Sicherheitskräfte im Einsatz.

Foto: reuters/Awad

Jerusalem - Begleitet von einem Großaufgebot an israelischen Polizei- und Sicherheitskräften haben am Montag rund 30.000 Juden an der Klagemauer in der Altstadt von Jerusalem gebetet. Die Gläubigen empfingen an der heiligsten Stätte im Judentum wie jedes Jahr zum Laubhüttenfest (Sukkot) den Segen. Der Tempel wurde im Jahr 70 nach Christus von den Römern zerstört. Allein die westliche Wand blieb erhalten, die heutige Klagemauer. Nach den Ausschreitungen in den vergangenen Tagen waren in Jerusalem tausende zusätzliche Sicherheitskräfte im Einsatz. Nach Angaben von Polizeisprecher Mickey Rosenfeld nahmen Polizisten zehn arabische Jugendliche fest, die auf dem Ölberg mit Steinen nach strenggläubigen Juden geworfen hatten.

Die befürchteten Krawalle blieben nach Polizeiangaben aus. Die Polizei hatte den Zugang zum Tempelberg nur muslimischen Männern und Frauen gestattet, die älter als 50 Jahre alt und im Besitz eines israelischen Ausweises waren. Die Entscheidung löste großen Ärger und Verbitterung aus. Muslime verehren das Plateau, auf dem die Al-Aksa-Moschee und der Felsendom stehen, als "Haram al-Sharif" (Edles Heiligtum). Nach islamischer Überlieferung stieg dort 632 n.Chr. der Prophet Mohammed auf seinem Pferd "Burak" (Blitz) gen Himmel auf. Es ist nach Mekka und Medina in Saudi-Arabien die drittheiligste Stätte im Islam.

Zusammenstöße

Die Zusammenstöße hatten am Sonntag vergangener Woche begonnen. Nach palästinensischer Darstellung begleiteten israelische Soldaten eine Gruppe jüdischer Siedler zu den islamischen heiligen Stätten. Nach israelischen Angaben handelte es sich dagegen um eine christliche Touristengruppe. Nach dem Vorfall grassierten unter der muslimischen Bevölkerung Gerüchte, dass Siedler den biblischen Tempel wieder aufbauen wollten. Muslime wurden mit Handzetteln aufgerufen, die Al-Aksa-Moschee zu verteidigen.

Die Spannungen zwischen der arabischen Bevölkerung im besetzten Ostteil Jerusalems und Israel spitzen sich seit Monaten gefährlich zu. Gründe dafür sind unter anderem die Bauaktivitäten jüdischer Siedler, die Zwangsräumung von Häusern, in denen arabische Familien lebten, sowie die umstrittenen archäologischen Grabungen in dem mehrheitlich von Arabern bewohnten Ortsteil Silvan. Israelische Medien beschreiben Ostjerusalem als Pulverfass, das jederzeit explodieren könne.

Der Streit um Jerusalem ist eines der Hauptprobleme im Nahost-Konflikt. Israel eroberte 1967 den Ostteil der Stadt. Israels Hauptstadt-Anspruch wird international nicht anerkannt, deshalb unterhalten fast alle Staaten der Welt ihre Botschaften in Tel Aviv. Die Proklamation Jerusalems zur "ewigen und unteilbaren" Hauptstadt Israels durch das israelische Parlament 1980 ist von der UNO-Vollversammlung mehrmals für illegal und "null und nichtig" erklärt worden. Die Palästinenser beanspruchen den Ostteil Jerusalems als ihre Hauptstadt. Ein Abtreten der Kontrolle über die Altstadt lehnt die Mehrheit der israelischen Bevölkerung strikt ab. (APA)