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Eine Rückkehr zum Status quo vor der Krise dürfe es nicht geben, sonst steuere man geradewegs auf die nächste Krise zu, betonten die Präsidenten der vier Sozialpartner heute Montag zu Beginn des "Bad Ischler Dialogs".

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Bad Ischl - Bei ihrem Besuch des Sozialpartnerdialogs in Bad Ischl zum Thema "Wege aus der Krise" zeigten Bundeskanzler Werner Faymann und Vizekanzler Josef Pröll trotz demonstrierter Harmonie auch Unterschiede zwischen den beiden Koalitionspartnern auf. Während Faymann Schulreformen, die Bündelung der Mittel für Forschung und Entwicklung und die Sicherung der Arbeitsplätze in den Mittelpunkt stellte, warnte Pröll eindringlich vor einer zu hohen Verschuldung. Die Finanzkrise sei durch Schuldenmachen entstanden, sagte Pröll: "Wir müssen alles tun, dass nicht durch neues Schuldenmachen der Keim der neuen Krise entsteht". Beide dankten den Sozialpartnern für ihre Arbeit.

Der Kanzler demonstrierte Harmonie: In dieser schwierigen Zeit muss man "zusammenrücken" und die Aufgaben gemeinsam bewältigen, sagte Faymann in Richtung der Präsidenten von Wirtschafts-, Arbeiter-, Landwirtschaftskammer und ÖGB. "Wenn man zusammenarbeitet erreicht man mehr als durch kleinkarierte Streitigkeiten", betonte der Kanzler. Faymann verteidigte die bisherigen Maßnahmen der Bundesregierung zur Krisenbewältigung: Die von vielen missverstandenen Bankenpakete sollten auch die Sparer schützen, nur mit funktionierenden Banken könne die Wirtschaft stabilisiert werden. Bei den Reformen auf allen Ebenen müsse man auch konfliktfähig sein. Weiters müsse der Staat auch Doppelgleisigkeiten abschaffen.

"Jetzt kuscheln wir"

Der Vizekanzler witzelte über den Kuschelkurs: "Früher haben wir gestritten, jetzt kuscheln wir, egal wie es ist, wir sind getrieben für Österreich etwas weiterzubringen". Pröll warnte, die öffentlichen Budgets nicht durch zusätzliche Wünsche zu beanspruchen: Die höhere Zinsbelastung nehme Österreich bei den notwendigen Reformen Spielraum. Er sprach sich entschieden gegen Protektionismus aus. Am Ende der Krise dürfe keine "Auferstehung der Verstaatlichten" stehen, der Staat solle nur zur Überbrückung des "Todestals" dienen. Pröll warnte vor einer "Inflationierung der Konjunkturstützungsmaßnahmen". Die Schulden müssten rückgeführt werden, sobald der Aufschwung robust genug sei. 2010 sei die Zeit für die Konsolidierung zwar noch nicht gekommen, aber die Zeit für Diskussionen über die notwendigen Reformen für das Gesundheitssystem. Ab 2011 könnten dann konkrete Maßnahmen umgesetzt werden.

Für ÖGB-Präsident Erich Foglar muss auch noch 2010 mit voller Kraft gegen den Anstieg der Arbeitslosigkeit und die drohende Armut angegangen werden. Auch im nächsten Jahr müsse "hier oder dort" bei den Hilfs- und Stützungsmaßnahmen nachgebessert werden, wandte er sich gegen Prölls Bedenken. Die Krise sei noch nicht vorbei, warnte der Gewerkschaftsboss und regte die Schaffung einer Auffanggesellschaft für insolvente Unternehmen an. Auch Wirtschaftskammer-Präsident Christoph Leitl gibt keine Entwarnung: Weiterhin seien Wachstumsimpulse notwendig, aber nicht Hilfen sondern sinnvolle Investitionen. Eine zweite Krise müsse unbedingt verhindert werden, denn "ein zweites Mal Staatshilfe können wir uns nicht mehr leisten". Auch Leitl denkt schon an die Rückzahlung der nun aufgenommenen Schulden: "Wenn gezahlt werden muss, kommt keiner aus".

Es gebe schon wieder "Gegenwind" von der Wall Street und der Londoner City, umso mehr müssten jetzt die Finanzmärkte reformiert werden, forderte Leitl "klare Spielregeln" ein. Österreich solle schneller und stärker aus der Krise herauskommen, dazu müssten auch noch im Jahr 2010 weitere Impulse zur Ankurbelung der Konjunktur gesetzt werden. "Nach einer schweren Lungenentzündung darf man die Antibiotika nicht zu früh absetzen", zog er einen bildlichen Vergleich.

ÖGB-Präsident Erich Foglar will die Wettbewerbsfähigkeit wiederherstellen, "ohne dass die soziale Gerechtigkeit aus dem Ruder läuft": Die Finanzkrise sei kein "Betriebsunfall", sondern ein "Systemfehler des Marktfundamentalismus": Organisierte Verantwortungslosigkeit von Banken, Ratingagenturen und der Politik durch Deregulierung hätten dazu geführt. Zur Bekämpfung der Krise fordert Foglar weitere Investitionen, Sparen müsse jetzt in den Hintergrund rücken.

ÖGB-Foglar: "2010 sicher kein Sparpaket"

Den Zeitpunkt für eine Exit-Strategie könne man noch nicht bestimmen, meinte ÖGB-Präsident Foglar: "2010 wird es sicher kein Sparpaket geben, aber irgendwann wird's kommen." Foglar ist gegen die Erhöhung einer Massensteuer wie der Umsatz- oder Lohnsteuer. Dadurch würden nur jene noch einmal zur Kasse gebeten, die ohnehin nichts für die Krise könnten.

Leitl sagte, zunächst müssten alle vorhandenen Reserven im bürokratischen System herausgeholt werden. Erst wenn dies ausgeschöpft sei, könne man über Belastungen nachdenken. Mit einer Ausnahme: Schon jetzt trete er für eine europäische Finanztransaktionssteuer ein. (APA)