Rollende Landstraße wörtlich: Weil der Transport auf der Schiene teurer ist als jener auf der Straße, plant Rail Cargo Austria die Verladung auf Sattelschlepper. Gegen private Frächter haben aber auch die Laster der Eisenbahner keine Chance.

Fotos: Standard/Heribert Corn; Montage: Lukas Friesenbichler

Wien – Der ÖBB-Güterverkehr muss sparen und plant gemäß einem Sanierungskonzept von Berater Roland Berger die Verlagerung des Transports von Stückgut von der Schiene auf die Straße. Ab Jänner 2010 sollen in der Steiermark Güter nicht mehr mit ÖBB-Zügen transportiert werden. Die Fracht soll künftig per Lkw durch Österreich geführt werden. Allerdings nicht auf Lastern der ÖBB, sondern auf Lkws privater Frächter, weil diese billiger sind.

Beschlossen hat diese Maßnahme der Vorstand der Rail Cargo Austria, die Zustimmung des Aufsichtsrats ist noch ausständig. Das Argument für die Verlagerung ist ein Einsparpotenzial in der Höhe von 7,9 bis 8,6 Millionen Euro.

Wien – Während der ÖBB-Holding-Aufsichtsrat die unter dem Titel "Netzoptimierung" diskutierte Schließung von Neben- und Regionalbahnen auf Dezember verschoben hat, prescht der ÖBB-Güterverkehr bei der Bereinigung des Schienennetzes vor. Der im Sanierungskonzept von Berater Roland Berger empfohlene "Rückzug von der Fläche" ist bei der Rail Cargo Austria (RCA) auf Schiene.

Zumindest, was die defizitäre Sparte Bahnexpress (BEX) betrifft, also den Transport von Stückgut. Dieses soll laut einem RCA-Vorstandsbeschluss vom 24. September 2009 ab Jänner in der Steiermark, konkret von und zu den Logistikknoten Werndorf (im Süden von Graz) und St. Michael (Obersteiermark, Region Leoben), auf den Hauptläufen nicht mehr mit ÖBB-Güterzügen transportiert werden. Im Gegenteil, die Fracht soll künftig mit 14.000 Lkws durch Österreich gekarrt werden. Das allerdings nicht auf ÖBB-Lastern der RCA-Speditionsholding, sondern mit Fremd-Lkws privater Frächter.

Dass sich die RCA mit diesen Maßnahmen Millionen ersparen und ihre bis 2011 aufgehende Ergebnislücke maßgeblich verkleinern wird, dürfte freilich eher ein Wunsch bleiben. Denn wohl wird es "bei Umsetzung möglich, eine Ergebnisverbesserung für die RCA in der Höhe von ca. 7,9 bis 8,6 Millionen Euro zu realisieren" . Allerdings verursacht allein die Verlagerung von täglich 56 Lkw-Fahrten von und zu den Kontraktlogistikcenters Graz Süd und St. Michael "einen möglichen Cash-out von 5,8 bis maximal 6,5 Mio. Euro" . Bei Verschub und Schienenmaut (Infrastrukturbenützungsentgelt, IBE) reduziert sich der Aufwand pro Jahr um 800.000 Euro.

An den Kragen geht es auch dem Logistikcenter Wiener Neustadt. Die dort abgewickelte Kontraktlogistik soll ab April 2010 auf den Frachtenbahnhof Wien-Nordwestbahnhof- verlagert werden. Diese – von der RCA-Führung im Konzern bereits angekündigte, aber noch nicht beschlossene Maßnahme gilt in RCA-Kreisen als fix. Der entsprechende Vorstandsbeschluss steht allerdings noch aus, weil noch nicht feststeht, ob die Schienenhauptläufe tatsächlich auf Lkws verlagert werden. Insider gehen allerdings fix davon aus, dass sich die im Auftrag der ÖBB fahrenden Fremd-Lkws damit auf gut 20.000 pro Jahr erhöhen wird.

In dem Fall dürfte von den erwarteten 3,6 Mio. Euro Einsparungspotenzial nicht viel übrig bleiben – außer dauerhaften Einnahmenausfällen bei der RCA-Schwester ÖBB-Betrieb-AG (verliert rund eine Million Euro an Schienenmaut) und bei der RCA-Tochter ÖBB-Traktion, deren Lokomotiven und Lokführer deutlich an Auslastung verlieren.

Ob die bahnintern umstrittenen und im Widerspruch zur versprochenen Erhöhung des Modal Split in Österreich stehenden Maßnahmen umgesetzt werden, bleibt abzuwarten. Denn sie wurden weder vom RCA-Aufsichtsrat noch vom Holding-Aufsichtsrat genehmigt. (Luise Ungerboeck, DER STANDARD, Print-Ausgabe, 5.10.2009)