Prag - Der tschechische Staatspräsident Vaclav Klaus hat nicht die Absicht, die Ratifizierung des EU-Reformvertrags von Lissabon sofort nach dem sich abzeichnenden Ja der Iren bei der zweiten Volksabstimmung vom Freitag abzusegnen. "Es ist bestimmt nicht so, dass ich eine Minute danach den Lissabon-Vertrag unterschreibe", betonte der EU-Kritiker Klaus im Tschechischen Fernsehen.

"Bei uns läuft ein anderer Prozess", verwies Klaus darauf, dass sich der Brünner Verfassungsgerichtshof auf Antrag einer Gruppe Senatoren erneut mit dem Vertrag befasst: "Wir werden warten." In einer offiziellen Erklärung betonte Klaus zudem, er dürfe den Lissabon-Vertrag ohnedies jetzt nicht unterzeichnen, selbst wenn er dies wollte. Er habe vom Vorsitzenden des Verfassungsgerichtshofes, Pavel Rychetsky, einen Brief erhalten, wonach er als Beteiligter am Verfahren einen derartigen Schritt zunächst nicht setzen könne.

"Ich bin verpflichtet, Sie darauf aufmerksam zu machen, dass mit dem eingereichten Prüfantrag (der Senatoren gegen den Vertrag; Anm.) 'ex constitutione' eine Anordnung verbunden ist, die Ihnen und dem Premier auferlegt, sich jeglicher Schritte zu enthalten, die zur Ratifizierung des zitierten internationalen Vertrages führen könnten - und zwar bis zur Entscheidung des Verfassungsgerichtshofes", schrieb Rychetsky in dem Brief an Klaus, den die Prager Präsidentschaftskanzlei veröffentlichte.

Rychetsky hatte zuvor erklärt, das Verdikt des Verfassungsgerichtshofes werde "nicht im Rang von Wochen" bekannt sein. Mit der ersten Verhandlung könne man in einem Monat rechnen. Sowohl das tschechische Abgeordnetenhaus als auch der Senat haben dem EU-Reformvertrag heuer mit der nötigen Mehrheit zugestimmt. (APA)