Washington D.C. - Wie ein Schock hat am Freitag die Vereinigten Staaten von Amerika das Ausscheiden von Chicago gleich in der ersten Runde der Olympia-Entscheidung für 2016 getroffen. Tausende Menschen, die sich schon in der Früh auf dem Daley-Square in der Bewerber-Stadt eingefunden hatten, um dort auf die Nachricht aus Kopenhagen zu warten und zu feiern, reagierten zunächst mit ungläubigem Schweigen, dann mit einem lauten Seufzen.

"Das ist unfassbar. Chicago wäre ideal gewesen", sagte A.D. Frazier, einer der leitenden Organisatoren der Olympischen Sommerspiele in Atlanta 1996, dem Sender CNN. Basketball-Legende Michael Jordan drückte es noch knapper und treffender aus: "Ich bin geschockt."

Obama enttäuscht, bereut seinen Einsatz aber nicht

Auch US-Präsident Barack Obama ist enttäuscht über das Ausscheiden seiner Heimatstadt Chicago im Rennen um die Vergabe der Olympischen Sommerspiele 2016. Das sagte Obamas Sprecher Robert Gibbs an Bord der Präsidentenmaschine Air Force One am Freitagabend auf dem Heimflug von Kopenhagen in die USA. Obama bedauere es allerdings nicht, dass er und seine Frau Michelle persönlich nach Kopenhagen gereist waren, um vor dem Internationalen Olympischen Komitee (IOC) für Chicago zu werben.

Obama sei "stolz auf seine Frau wegen der Präsentation, die sie gemacht hat", sagte der Präsidentensprecher weiter. Auch der persönliche Auftritt von Barack und Michelle Obama vor dem IOC hatte Chicago letztlich keinen Erfolg gebracht. In der Finalrunde war Chicago überraschend als erste der vier Bewerberstädte ausgeschieden. Den Zuschlag erhielt Rio de Janeiro.

 

Der Spitzenberater von US-Präsident Barack Obama, David Axelrod, zeigte sich ebenfalls schwer enttäuscht. Es wäre "großartig" gewesen, die Spiele in die USA zu holen, sagte Axelrod dem Sender MSNBC. Aber: "Das Leben geht weiter." Axelrod verteidigte zugleich Obamas umstrittene Entscheidung, am Freitag vor dem IOC für seine Wahlheimatstadt zu werben. Obama werde jede Gelegenheit nutzen, für sein Land zu werben, der Blitzbesuch in Kopenhagen sei die Sache wert gewesen: "Ich bin stolz auf den Präsidenten."

Insgesamt hatte die Olympia-Vergabe die Amerikaner noch bis vor kurzem weitgehend kaltgelassen - ungewöhnlich für eine doch sonst so patriotische Nation. Die Medien berichteten nur sporadisch, die Rezession, der Streit um die Gesundheitsreform und Afghanistan drängten alles andere in den Hintergrund. So etwas wie ein Chicago-Fieber setzte erst vor wenigen Tagen ein, als Obamas Reisepläne bekanntgeworden waren. Aber auch das längst nicht überall, und auch nicht in Chicago selbst.

Dort hatte sich in den vergangenen Wochen und Tagen die Begeisterung über "Chicago 2016" abgekühlt, nur noch 47 Prozent der Bevölkerung sprachen sich für die Spiele vor der eigenen Haustür aus, 46 Prozent waren dagegen. Gruppen wie "Chicagoans for Rio 2016" gewannen täglich mehr Zulauf, insbesondere, nachdem der Stadtrat im September eine Finanzgarantie für die 4,8 Milliarden Dollar (3,30 Mrd. Euro) abgegeben hatte. "Nur" so viel sollte das Olympia-Spektakel nach den Kalkulationen des Bewerbungskomitees kosten, Kritiker glaubten, dass die Bevölkerung für dumm verkauft werden sollte, das Ganze weitaus teurer würde und die Steuerzahler am Ende die Zeche zahlen müssten.  (APA/dpa)