Während die Politik Deutschkurse vor Zuwanderung fordert, geht die Wirtschaft einen anderen Weg: Werbebroschüre auf Türkisch

derStandard.at

"Hoş-gel-di-niz. So richtig?" Das türkische Wort für "Willkommen" will Berthold Thoma, Österreich-Chef des Mobilfunkers Hutchison 3G nicht so richtig über die Lippen. Kurz vor der Pressekonferenz lässt er es sich noch einmal einsagen. 13 MedienvertreterInnen sind gekommen, bis auf derStandard.at allesamt austrotürkische Medien.

Als erster Mobilfunker Österreichs bietet Hutchison 3G der türkischstämmigen Community türkisches Fernsehen und Radio übers Handy. Wer das herkömmliche TV-Paket bucht, kann nun auch aus vier türkischen Radiosendern wählen und über den Privat-TV-Kanal ATV türkisches Fernsehen mobil konsumieren. "3 bringt die Heimat näher", lautet der Werbeslogan dazu.

Türkei bald auf Platz eins

Schon vor einem Jahr startete der Mobilfunker Hutchison 3G mit einem speziellen Telefonpaket für AustrotürkInnen: Um fünf Cent ins türkische Festnetz und um 15 Cent ins türkische Mobilnetz – so holt man sich die Großmama ins Wiener Wohnzimmer, wenn sie mangels Besuchsvisum nicht selber kommen darf. Rund 11.000 KundInnen nutzen das Paket, in nur einem Jahr rückte die Türkei als Auslandstelefonie-Destination von Platz 10 auf Platz 2. "Spätestens zu Weihnachten" werde die Türkei Deutschland vom ersten Platz verdrängen, glaubt Thomas Malleschitz, Marketingchef von "3". 

Direkter Weg in die zweite Heimat

Denn die türkischstämmige Community pflege den Kontakt zur alten Heimat, meint Engin Ergün, Chef der Ethnomarketing-Agentur ethnoIQ. "Und das Fernsehen ist der direkte Weg dorthin." Die türkischstämmige Community sei zudem handyaffiner als der Durchschnitt, sagt Malleschitz. Da liegt es nahe, die drei Faktoren geschäftsträchtig zu kombinieren. Zusätzlich gibt es 45.000 laufend aktualisierte Songs der türkischen Hitparade als Download via Handy.

Während politische Parteien ihre Probleme zu haben scheinen, Migrantencommunities zu erreichen, tut sich die Wirtschaft hier leichter: Mit 32 türkischstämmigen MobilfunkhändlerInnen ist Hutchison 3G im Geschäft. Sie haben den Auftrag, die Türk-Packages in die Community zu tragen. Einer von ihnen ist Murat Koc. Sein Unternehmen X-Mobile hat sich unter AustrotürkInnen einen Namen gemacht, fünf Filialen in Gegenden mit hohem MigrantInnenanteil bieten Beratungen auf Türkisch an. 

Start ohne Werbung

Ein vierwöchiger Testlauf, ganz ohne Werbung, scheint "3" recht zu geben: Obwohl die KundInnen nicht darüber informiert worden waren, dass nun auch Türk-ATV angeboten wird, rückte der Sender von Null auf Platz vier beim Ranking der beliebtesten Handy-TV-Sender bei "3". Berthold Thoma hat Verständnis dafür: "Ich bin selber Migrant aus Deutschland. Das Angebot an Handy-TV-Kanälen aus meiner Heimat ist groß genug. Nun wird es Zeit, dass auch die nächstgrößte Zuwanderergruppe ihr eigenes Fernsehen hat". (Maria Sterkl, derStandard.at, 2.10.2009)