Billiger: Biene aus "Genie der Natur".

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Cannes/Wien - 500 Cocktaileinladungen, Kundengespräche im 30-Minuten-Takt von neun bis 24 Uhr: "Speed-Dating", nennt ORF-Programmverkäuferin Beatrice Riesenfelder, was sie von Sonntag bis Donnerstag in Cannes bei der größten europäischen Fernsehmesse Mipcom erwartet. Trotz unzähliger Parties läuft das letztlich auf schwere Arbeit hinaus: "Es geht nicht, dass man Champagner trinkt und durch die Gegend schaut, sondern man networkt." Das geht schon aufgrund der horrenden Standpreise nicht, die man Cannes zahlt: 80.000 Euro kostet das den ORF.

Welcher Film, welche Doku wie viele Abnehmer findet, kann Riesenfelder nach jahrelanger Erfahrung schon gut vorher sagen: Xaver Schwarzenberger geht gut in Frankreich (fürs Nachmittagsprogramm). In den USA und Asien finden Vino Santo oder O Palmenbaum kaum Abnehmer. Filme von Reinhard Schwabenitzky verkaufen sich mäßig: "Alles in Richtung österreichischer Humor" tue sich schwer. Wenig Nachfrage besteht nach österreichischen Tatort-Folgen - im Vergleich zu deutschen, die sich gut verkaufen. Dokus mit starkem Österreich-Bezug bleiben oft liegen, erzählt Riesenfelder. Was den ORF im anhaltenden Dilemma hält: Dem Programmauftrag nachzukommen, widerspricht kaufmännischen Interessen. Und dann gibt es auch Überraschungen: Soko Kitzbühel läuft bald im Iran.

Preisverfall bei Filmen und Dokumentationen

Schlechter Dollarkurs und sinkende Lizenzpreise trotz gleichbleibender Produktionskosten führten zu einem Preisverfall bei Filmen und Dokumentationen. Die Universum-Dreiteiler Das Genie der Natur brachte 2006 bis zu 100.000 Euro pro Folge, erzählt Riesenfelder. "Heute bekommen wir etwa 55.000 bis 70.000 Euro." Die Preise variieren nach Abnehmerland. So kann es passieren, dass US-Sender für eine Doku 70.000 Euro hinblättern, Kunden aus Bosnien für denselben Film nur 500 Euro zahlen. Eine Frage der Einschätzung: "Öffentlich-rechtlichen Sendern im Osten geht es finanziell schlecht", begründet Riesenfelder die Billigpreise.

"Gespräche, Gespräche, Gespräche", führt auch Serienchefin Andrea Bogad-Radatz in Cannes. Sie kauft für den ORF und sieht vorab noch nicht da gewesene Kuscheltendenzen unter den Sendern: Die Finanzkrise verstärke die Notwendigkeit zum Teilen der Kosten und bewirke heftiges Koproduzieren. Der ORF ist an etlichen Großproduktionen beteiligt, etwa an Säulen der Erde, Moby Dick und Hindenburg. Bogad-Radatz zum Standard: "Von allen gibt es eine größere Bereitschaft zur Zusammenarbeit." (Doris Priesching/DER STANDARD; Printausgabe, 2.10.2009)