Wien - Zwanzig Jahre nach der Wende in Ostmitteleuropa ist die Bilanz gemischt. "1989 führte zu einer Verschärfung des Neoliberalismus", sagt Ulrich Brand, Politologe an der Uni Wien und Betriebswirt, zum Standard. Zwar habe die Wende vielen Wohlstand gebracht, aber auch die Schere zwischen Arm und Reich geöffnet.

Brand studierte unmittelbar nach dem Mauerfall in Ostberlin. Damals sei die Stimmung optimistisch gewesen. Die Leute wollten das wirtschaftliche Modell des Westens übernehmen. Heute müsse die Frage gestellt werden: "Welche Alternativen sind verpasst worden?" Vielfach werde 1989 "revanchistisch" als Sieg über die totalitären Systeme des Ostens interpretiert. Das sei nicht die ganze Wahrheit. Gerade in der ehemaligen DDR habe eine wirtschaftliche "Kolonisierung" durch den Westen stattgefunden. Das erkläre die heutige Schwäche der Ost-Regionen.

Brand debattiert heute, Freitag, in Wien mit der Journalistin Antonia Rados und dem ehemaligen tschechischen Außenminister Jiøí Dienstbier. Die Runde wird von Standard-Redakteur Erhard Stackl moderiert. (Alexander Fanta, DER STANDARD, Print-Ausgabe, 2. Oktober 2009)