Die Bühne für ein absurdes Theater ist bereitet, wenn sich zwei zu Gesprächen treffen und der eine das vom anderen gewünschte Gesprächsthema kategorisch nicht angesprochen haben will - und vice versa. Der Iran will über die Weltlage reden, unter besonderer Berücksichtigung der internationalen Implikationen der bösen US-Politik, und die andere Seite unter der Führung der USA will über das iranische Atomprogramm verhandeln, und zwar mit einem einzigen Ziel, dem Stopp der Urananreicherung - was für den Iran nicht infrage kommt.

Da kann also nicht viel Konkretes herauskommen, und dennoch war es ein enorm wichtiges Gespräch, das am Donnerstag in Genf zwischen dem iranischen Atomunterhändler und den fünf ständigen Sicherheitsratsmitgliedern plus Deutschland und EU stattfand, und nicht nur deswegen, weil es das erste seit langer Zeit war. Man kann auch vom Aneinandervorbeireden viel voneinander erfahren - und das gilt auch intern für die Gruppe, die dem Iran gegenüberstand. Die USA werden die Vertreter aus China und aus Russland mit fast ebenso viel Interesse beobachtet haben wie den aus Teheran.

Denn wie weit diese Länder auf dem Weg zu härteren Sanktionen mitzugehen bereit sind, falls Irans Regime nicht einlenkt - und das wird es nicht -, entscheidet die US-Politik mit. Ohne breite internationale Beteiligung macht ein Sanktionspaket keinen Sinn. Schon jetzt ist es klar, dass andere Länder die Lücken füllen, die der Westen in den wirtschaftlichen und politischen Beziehungen des Iran hinterlässt.

Und auch wenn am in mehreren Uno-Sicherheitsratsresolutionen festgeschriebenen Maximalziel - die Aufgabe der Urananreicherung - offiziell festgehalten wird, so wird längst über andere Modelle nachgedacht. Die Technologie kann man den Iranern ohnehin nicht mehr wegnehmen, sie beherrschen sie, selbst wenn sie ihre Produktion in großem Stil aufgeben sollten. Der Punkt, um den es wirklich geht, ist, so viel Kontrolle zu bekommen und zu behalten, dass gesichert ist, dass aus einer Option auf eine Atombombe physisch keine wird. Und das wollen auch Russland und China verhindert wissen. Und ihnen ist klar, dass ein unilateraler Militärschlag gegen den Iran wahrscheinlicher wird, wenn kein internationales Instrumentarium gefunden wird.

Teheran hat mit dem jüngsten Coup, der "Bekanntgabe" einer zweiten Anreicherungsanlage bei Ghom, einerseits die eigene Position verbessert und sich andererseits angreifbarer gemacht. Technisch gesehen steht der Iran als Sieger da und trägt die Irreversibilität des Programms auf die Fahnen geheftet. Politisch hat das iranische Regime der internationalen Gemeinschaft wieder einmal demonstriert, was es von vertrauensbildenden Maßnahmen hält: Das ist etwas für alle anderen.

Damit hat es jedoch US-Präsident Barack Obama Töne entlockt, die man bisher noch nicht von ihm gehört hat. Teheran wird nicht darum herum kommen - so es nicht die Zusammenarbeit mit der Internationalen Atombehörde (IAEO) abbricht, was es zu verhindern gilt -, die neue Anlage für Inspektoren zu öffnen.

Wobei auch da kein gültiger Aufschluss über Irans Absichten zu erwarten ist. Dass die Anlage im Vergleich zu Natanz offenbar klein ist, könnte darauf hindeuten, dass dort die Weiteranreicherung von in Natanz niedrig angereichertem Uran auf Waffenstufe stattfinden soll. Aber "sehen" kann man das nicht, bevor es nicht passiert. Teherans Argument dafür, dass so eine kleine, im Untergrund versteckte Anlage vonnöten ist, auch wenn sie in der Produktion von Brennstoff prozentuell keine Rolle spielen wird, liegt auf der Hand: Damit etwas übrig bleibt, falls Natanz in Schutt und Asche gelegt wird. (Gudrun Harrer/DER STANDARD, Printausgabe, 2.10.2009)