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Foto: AP/Michael Sohn

Frankfurt/Main - Die Lebenserwartung steigt in den Industrieländern mit hohem Tempo: Hält dieser Trend weiter an, wird jedes zweite derzeit geborene Baby über 100 Jahre alt werden, wie deutsche und dänische Forscher in der Fachzeitschrift "The Lancet" vorhersagen. Demnach werden auch immer mehr hochbetagte Menschen ihren Lebensabend bei guter Gesundheit genießen können.

Allein im 20. Jahrhundert stieg die Lebenserwartung in den meisten Industrieländern um mehr als 30 Jahre. Selbst wenn diese Entwicklung stagnieren sollte, werden drei von vier derzeit geborenen Babys mindestens 75 Jahre alt. Dauert der Trend zum längeren Leben jedoch unvermindert an, werden die meisten seit dem Jahr 2000 geborenen Kinder sogar ihren 100. Geburtstag erleben. Jedes zweite der im Jahr 2007 in Deutschland zur Welt gekommenen Babys wird demnach 102 Jahre alt, in Japan sogar 107 Jahre.

Kein Limit der menschlichen Lebensspanne

Eine Drosselung dieser Tendenz halten die Altersforscher der Universität Rostock und der Universität von Süddänemark in Odense für unwahrscheinlich. "Der lineare Anstieg der Lebenserwartung seit mehr als 165 Jahren deutet nicht auf ein Limit der menschlichen Lebensspanne hin", schreiben sie. "Wenn sich die Lebenserwartung einer Grenze nähern würde, würde sich der Fortschritt vermutlich verlangsamen."

Zudem vermuten die Forscher, dass die Menschen in Zukunft auch in sehr hohem Alter noch gesünder sind und sich eher selbst versorgen können als heutzutage. Die Sterblichkeit in der Altersgruppe zwischen 80 und 90 Jahren sinkt in den Industrieländern. Während im Jahr 1950 nur jede siebente Frau und jeder achte Mann, der 80 Jahre alt wurde, auch den 90. Geburtstag noch erlebte, sind es inzwischen jede dritte Frau und jeder vierte Mann.

Gesellschaftlicher Sprengstoff

Dennoch birgt die Entwicklung gesellschaftlichen Sprengstoff, wie Daten aus Deutschland zeigen. Im Jahr 1959 kamen auf 100 Bundesbürger zwischen 15 und 64 Jahren nur 16 ältere Senioren, im Jahr 2056 werden es 60 sein. Um die wirtschaftliche Belastung durch die alternde Bevölkerung zu senken, schlagen die Wissenschafter eine Umverteilung der Arbeitslast vor.

"Die meisten Menschen könnten weniger Wochenstunden arbeiten als derzeit üblich, wenn sie dafür entsprechend mehr Jahre arbeiten würden", schreiben die Forscher. Dies hätte auch einen gesundheitlichen Nutzen: Studien deuten darauf hin, dass eine kürzere Wochenarbeitszeit und eine längere Lebensarbeitszeit die Gesundheit im Alter sowie die Lebenserwartung begünstigen. Körperlich und geistig aktive Menschen bleiben länger fit.

Aber allen Prognosen zum Trotz: Der Rekord für das längste Leben ist seit zwölf Jahren ungebrochen. Damals starb die Französin Jeanne Calment im Alter von 122 Jahren. (APA/AP)