London - Europas größtem Rüstungskonzern BAE Systems droht wegen Korruptionsvorwürfen eine strafrechtliche Verfolgung. Dabei geht es darum, ob das britische Unternehmen für Aufträge im Ausland Hunderte Mio. an Schmiergeldern gezahlt hat, teilte die britische Ermittlungsbehörde Serious Fraud Office am Donnerstag mit.

BAE könnte eine Strafe von bis zu einer Milliarde Pfund (1,098 Mrd. Euro) drohen. Ein Gerichtsverfahren wegen illegaler Waffengeschäfte würde zudem die britische Regierung in arge Bedrängnis bringen. Die Ermittlungsbehörde muss bei der Generalstaatsanwältin die Erlaubnis für eine Anklage einholen. Die Ermittlungen beziehen sich auf Aufträge unter anderem aus Tansania, Rumänien, Südafrika und aus der Tschechischen Republik. Das Unternehmen weist die Anschuldigungen zurück, hatte aber im vergangenen Jahr eingeräumt, nicht immer die höchsten ethischen Standards eingehalten zu haben. BAE ist das größte Industrieunternehmen in Großbritannien und beschäftigt weltweit mehr als 100.000 Mitarbeiter. Es ist auch an der Entwicklung des Eurofighters beteiligt.

"Schockwellen"

Das Unternehmen teilte mit, es wolle den Fall klären, "notfalls vor Gericht". Wie Medien berichteten, hatte die Ermittlungsbehörde bis Mittwochnacht vergeblich einen Deal angepeilt, wonach BAE ein Schuldgeständnis ablegt und eine Strafe zwischen 500 Mio. und einer Mrd. Pfund zahlt.

Bis zum Einverständnis der Generalstaatsanwältin können mehrere Wochen vergehen. Bis dahin könnten BAE und die Serious Fraud Office auch noch ein außergerichtliches Abkommen erzielen. Das Ausmaß der Strafe könnte "Schockwellen" durch die Unternehmenslandschaft in Großbritannien senden, sagte Christopher Grierson von der Großkanzlei Lovells LLP. Die BAE-Aktie brach zeitweise um rund vier Prozent ein.

Ein Gerichtsverfahren wäre aber auch für die Regierung äußerst heikel, da es ein neues Licht auf deren Rüstungsgeschäfte werfen könnte. Denn BAE stand schon einmal wegen Schmiergeldvorwürfen am Pranger. Danach sollte die Firma für die Vermittlung von Regierungsaufträgen aus Saudi-Arabien rund eine Milliarde Pfund gezahlt haben. Das Land soll in den 1980er Jahren beim Zustandekommen eines der größten Rüstungsgeschäfte Großbritanniens, dem sogenannten Yamamah-Deal, geholfen haben. Das Verfahren wurde jedoch 2007 unter dem damaligen Premier Tony Blair eingestellt. Blair hatte damals erklärt, Ermittlungen würden die nationale Sicherheit und die Zusammenarbeit mit Saudi-Arabien gefährden. (APA)