Künstlerin Marianne Schoiswohl (1956-2009)

Foto: privat

"Eine mit allen Wassern gewaschene Seelenmalerin und Poetin ist am 24. August überraschend früh von uns gegangen" – dieStandard.at bringt einen Nachruf, den Freundinnen der Künstlerin verfasst haben.

Ihrer immanenten Bodenständigkeit ist es zu verdanken, dass ihre gezeichneten, gemalten, getexteten, gesungenen Seelenempfindungen nicht nur ArtgenossInnen berührten, sondern Impressionen vermittelten, in der Brückenschlagen und Flügelschwingen nicht mehr unmöglich schien. Wer sie kannte, staunte nicht schlecht über ihre schier unerschöpflichen Kapazitäten, was die Vereinbarkeit ihres Berufes als Kulturvermittlerin, Mutter von vier Söhnen und der Realisierung ihres schöpferischen Reichtums betraf. Inneren Eingebungen künstlerisch nachzugehen, erachtete sie als persönliches Grundrecht, um sich selbst in der Welt Gehör zu verschaffen.

Ihre grafischen Malereien wirken wie eingefangene Lebendigkeit – gleichen Partituren – graphologische Indikatoren ihrer Befindlichkeiten – und wurden im Lauf der Zeit zusehends raumeinnehmender – architektonischer – transparenter. Die ihrer Beobachtungsgabe innewohnende Poesie ist anhand der Wahl ihrer Fotomotive besonders deutlich, scheinbar Banales, Alltägliches, wie Baustellen, verwandeln sich durch ihren Blickwinkel in lebendige Strukturgebilde – umgekehrt ihre übermalten Porträtfotos in Einmachgläsern in Traumgebilde. Die Kohärenz von Traum und Realität in all ihren Werken, sind Zeugnis einer leidenschaftlichen Sehnsucht nach der Notwendigkeit, dem Unsichtbaren Sprache und dem Unaussprechlichen sichtbare Zeichen zu verleihen.

Beispielloses soziales Engagement für die schwachen Glieder der Gesellschaft führten sie zur Zusammenarbeit mit den Grünen Leopoldstadt, welche ihr als Anerkennung den 2002 erstmals vergebenen Titel "Frau des Jahres" verliehen. Mit der Durchführung ihres schaurig schönen SchülerInnenprojektes, in dem sie gemeinsam mit Kindern deren Wohnsituation erarbeitete und dokumentierte, intensivierte sie ihren persönlichen Zugang zum Raum-Körperverhältnis, welchen sie fortan im Aufbau von "frauenbauen" unermüdlich zum Einsatz brachte.

Den Anforderungen des Berufes und der Kindererziehung gerecht zu werden und gleichzeitig ernsthaft den Anliegen einer schöpferischen Berufung nachzukommen, bedeuten einen permanenten Balanceakt zwischen Befruchtung und Zerreissprobe.

Von "müssen" auf "Muse" zu schalten und sich damit abzufinden unter hiesigen Bedingungen als "freiwillige" Künstlerin zeitweilig aus leerer Hand zu essen und dennoch den eigenen Vorrat an Leben anderen zum Geschenk zu machen, ist eine verschwenderisch schöne Eigenschaft.

Marianne Schoiswohl verzichtete auf die verbreitete weibliche Bereitschaft männlichem Begehr posierlich entgegenzukommen und setzte vielmehr auf Wahrnehmungsfähigkeit.

Sie schärfte ihre Empfindsamkeit dadurch, sich nicht jedem neuen Eindruck auszuliefern.
Ihre eigenen Wunden machten sie wach für die Verletzlichkeit anderer.
Ihre Wertschätzung für Feingefühl und Achtsamkeit schlagen sich in jedem ihrer Texte nieder.
Dem vorherrschenden Imperativ der Lebensoptimierung setzt sie gefühlvolles Denken und vernünftiges Gefühl entgegen.

Ihre stimmlich-sinnlichen Texte auf ihrer zuletzt erschienenen CD "Abschiede" atmen eine Ahnung ihrer Sehnsüchte. Sie hinterlässt ein umfangreiches Werk und vier erwachsene Söhne, welche sich ebenfalls den Anliegen der Kunst widmen.
Der Film "mirror daemon", an dem sie konzeptionell mitarbeitete, wurde zeitgleich mit ihrem Ableben fertiggestellt.
Wer einmal eine Feige gegessen hat, vergisst sie nicht.
So ist es vielen Menschen ergangen, die sie kennenlernen durften.