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Blutbad in Guinea: Soldaten haben friedliche Oppositionsproteste mit Gewalt niedergeschlagen. Mehr als 150 Menschen sollen im Kugelhagel ums Leben gekommen sein. Die Militärregierung gibt sich betroffen.

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Die Demonstration auf dem Weg zum Stadion von Conakry. Wenig später eröffnete die Polizei das Feuer

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Menschen versuchen, aus dem Stadion zu entkommen.

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Conakry/Nairobi - Es begann als friedlicher Massenprotest gegen die Militärregierung des westafrikanischen Staats Guinea - und endete in einem Blutbad. "Noch bevor die Oppositionsführer die Chance hatten, auch nur ein Wort an die im Stadion versammelte Menge zu richten, eröffneten die Sicherheitkräfte das Feuer" , berichtet ein Augenzeuge in der Hauptstadt Conakry von den Ereignissen am Montag. Am Dienstag meldeten Menschenrechtsaktivisten dann eine erste Bilanz: über 150 Tote, Tendenz steigend.

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"Sie haben mitten in die Menge gezielt, wir alle rannten in Panik um unser Leben." Flüchtende seien mit Messern und Bajonetten erstochen worden, viele Leichen waren von Kugeln förmlich durchsiebt, berichtet Human Rights Watch zufolge ein Augenzeuge. Mindestens 157 Tote hat der Menschenrechtler Thiemo Maadjou Sow in den Spitälern gezählt, dazu kämen mehr als 1250 Verletzte. "Die Zahl wird vermutlich weiter steigen, denn die Toten im Stadion sind noch nicht erfasst."

"Armee außer Kontrolle"

Der Chef der Militärregierung, Moussa Dadis Camara gab sich am Dienstag betroffen, machte aber Elemente innerhalb der Armee verantwortlich, die "außer Kontrolle" geraten seien. "Selbst ich als Präsident kann sie kaum kontrollieren, wenn die Lage so angespannt ist."

Camara, der sich Ende vergangenen Jahres nach dem Tod des mehr als 24 Jahre regierenden Despoten Lansana Conté an die Macht geputscht hatte, steht in der Kritik, seit er angedeutet hat, bei den für Jänner geplanten Wahlen zu kandidieren. Das Massaker vom Montag dürfte dazu beitragen, das von ihm mühsam aufgebaute Bild des "guten Putschisten" zu zerstören.

"Das war nichts anderes als ein gezielter Versuch, die Opposition im Land zu eliminieren" , wettert vom Krankenbett der Oppositionsführer und früherer Premier des Landes, Sidya Touré. "Sie haben auf die Leute draufgehalten und versucht, uns alle umzubringen." Fünf Oppositionsführer wurden kurzzeitig verhaftet.

Auch die Staatengemeinschaft, die Camaras Regierung lange toleriert hatte, übte Kritik. EU-Außenminister Javier Solana forderte Camara auf, einen friedlichen Übergang zu einer zivilen Regierung zu garantieren. UN-Generalsekretär Ban Ki-moon verurteilte die Ereignisse ebenso wie Frankreichs Präsident Nicolas Sarkozy.

Gewaltexzesse des Militärs haben in Guinea Tradition: Anfang 2007 schlugen Soldaten mit nackter Gewalt Proteste gegen Conté nieder. Camara selbst hat sich bislang als Saubermann präsentiert, der Drogenringe zerschlug und frühere Stützen des Regimes zu live ausgestrahlten Geständnissen im Fernsehen zwang. Ob der internationale Druck hilft, die Lage zu verbessern, bleibt abzuwarten. Guinea, der größte Bauxit-Exporteur der Welt, ist ein reiches Land, auch wenn die Masse seiner neuneinhalb Millionen Bewohner bettelarm ist.  (Marc Engelhardt/DER STANDARD, Printausgabe, 30.9.2009)