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Foto: APA / THOMAS SCHMIDT

Brüssel - Am Montag ist der österreichische Schriftsteller Paulus Hochgatterer in Brüssel mit dem erstmals vergebenen Europäischen Literaturpreis ausgezeichnet worden.  Der Schriftsteller hat sich kritisch über den gegenwärtigen Literaturbetrieb geäußert. So nannte er den Zensur-Eklat um chinesische Regimekritiker im Rahmen der diesjährigen Frankfurter Buchmesse "bedauerlich". Der Europäische Literaturpreis sei für ihn "eine Ermutigung weiterzuschreiben", sagte Hochgatterer am Montag am Rande der Auszeichnung in Brüssel.

"Mir ist klar, dass man als Veranstalter Prioritäten setzen muss, aber auf der anderen Seite ist Literatur etwas, dass jemand die Wahrheit gesagt hat und unliebsame Dinge formulieren muss. Das ist zentrale Aufgabe der Literatur. Literatur hat sich immer mit den Mächtigen angelegt, und das soll auch weiter sein", sagte Hochgatterer, der die europäische Auszeichnung für seinen Kriminalroman "Die Süße des Lebens" erhielt. Die Frankfurter Buchmesse - auf der die Werke der disjährigen EU-Literaturpreisträger vorgestellt werden sollen - sei "sehr wichtig. Sie ist ein Marktplatz, eine Messe für Verleger und nicht für Autoren, das ist völlig klar".

Literatur spielt eine Rolle

Es sei erfreulich, dass Literatur in Europa noch eine wahrnehmbare Rolle spiele und dass Werke noch immer übersetzt würden, betonte Hochgatterer. Mit wachsendem ökonomischen Druck hätten es Schriftsteller leichter, die in einer Sprache schreiben, die viele Menschen verstehen. So hätten es etwa kroatische und slowakische Autoren schwerer als er, Hochgatterer, mit einem Markt für fast 100 Millionen Menschen.

Hochgatterer plädiert für mehr Übersetzungen - sie sollen mit EU-Preis gefördert werden - und für Nischen der Verlagshäuser. Die skandinavische Kriminalliteratur sei ein gutes Beispiel, das breites Interesse für die gesamte Region geweckt habe. "Verlagshäuser merken, wo es etwas zu verdienen gibt. bestimmte Verlagshäuser leisten sich Nischen, Produkte, die ökonomisch neutral abschließen. Wenn sich jedes Verlagshaus so was leistet, dann wäre schon viel gewonnen." Hier könne die Förderung von Übersetzungen viel erreichen.

"Gespaltene professionelle Identität"

Der österreichische Schriftsteller räumte ein, eine "gespaltene professionelle Identität" zu haben. Neben seiner literarischen Tätigkeit arbeitet Hochgatterer auch als Kinderpsychiater. "Wenn ich Kinderpsychiater sein will und Schriftsteller, muss ich einen Weg finden, meine Zeit entsprechend einzuteilen, damit ringe ich ständig", sagte er. "Ich habe mich damit abgefunden, das ich wohl beides bin und bleibe". Für die Psychiatrie sei die Literatur sicherlich ein Ausgleich - dies gelte aber auch umgekehrt. "Denn Literatur schaffen hat schon zu tun mit Leidenschaft, aber in erster Linie hat es mit Arbeit zu tun."

Was ihn am Genre des Kriminalromans besonders interessiere, sei die Frage "Wie erzeuge ich Spannung", sagte Hochgatterer. "Spannung entsteht nicht nur durch Leichen und nicht nur durch möglichst viel Blut und durch möglichst grausame Arten, jemand anderen ins Jenseits zu befördern, sondern Spannung entsteht viel subtiler, durch Kleinigkeiten und Stimmungen, vor allem auch durch Dinge die man verschweigt." (APA)