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Die französische Polizei hat dienstags ein Flüchtlingslager bei Calais geräumt.

Foto: EPA/MIKAEL LIBERT

 Paris - Die französische Polizei hat am Dienstag ein illegales Flüchtlingslager in der Nähe von Calais geräumt. Etwa 280 Ausländer ohne Papiere seien festgenommen worden, teilten die Behörden am Dienstag mit. Knapp die Hälfte der Bewohner des "Dschungels von Calais" seien nach eigenen Angaben minderjährig. "Diejenigen, die kein Recht auf Asyl haben und nicht freiwillig zurückwollen, werden zurückgeführt", sagte Einwanderungsminister Eric Besson. "Die Räumung war absolut notwendig." Niemand könne ernsthaft wollen, dass das Lager bestehenbleiben soll, fügte er hinzu. Die Opposition warf der konservativen Regierung vor, die Lage der Migranten nur zu verschlimmern, die auf eine Weiterreise nach Großbritannien hofften.

500 Polizisten rückten gegen 07.30 Uhr an und lösten die wilde Siedlung binnen zwei Stunden auf, wie AFP-Journalisten berichteten. 276 illegale Einwanderer griff die Polizei auf, darunter 135 Jugendliche. Der Großteil der Flüchtlinge ging ohne Widerstand, nur eine kleinere Gruppe lehnte sich gegen die Räumung auf. Die vor allem aus Afghanistan geflohenen Buben und Männer hatten mit Hilfe von Unterstützern Spruchbänder vorbereitet: "Frieden und Asyl" und "Wir brauchen eine Unterkunft und Schutz. Im 'Dschungel' sind wir zu Hause", stand auf ihnen.

Größte Flüchtlingszuflucht in Nordfrankreich

Die illegalen Einwanderer hatten teils Monate in notdürftigen Unterkünften in den Dünen zugebracht, in der Hoffnung, als blinde Passagiere auf Lastwagen durch den Tunnel den Ärmelkanal nach Großbritannien zu überqueren. Der "Dschungel" war die größte Flüchtlingszuflucht in Nordfrankreich, nachdem 2002 unter großen Protesten das Lager Sangatte des Roten Kreuzes aufgelöst worden war.

Auf französischem Boden dürfe nicht länger "das Gesetz des Dschungels" gelten, erklärte Besson. Die Siedlung im Nordosten von Calais sei kein Flüchtlingslager, "sondern der Stützpunkt der Schleuser" in Nordfrankreich. "Wir werden nicht zulassen, dass die Menschenhändler das Gesetz entlang des Ärmelkanals bestimmen."

"Wie kann man Männer, Frauen und Kinder so behandeln, deren einziges Vergehen ist, dass sie vor dem Krieg und dem Elend geflohen sind?", fragte die Kommunistische Partei (PCF) und zeigte sich "schockiert". Der Gründer der französischen Linkspartei, Jean-Luc Melenchon, sprach von einem "grausamen und obszönen Schauspiel", das "null Bedeutung" habe: Vor der Ankündigung hätten im "Dschungel" an die 900 Flüchtlinge gelebt, und die meisten von ihnen hätten vor der Räumung das Weite gesucht.

Der frühere Kulturminister und sozialistische Abgeordnete Jack Lang erklärte, es würden "sehr schnell neue 'Dschungel' entstehen". Die Zerstörung des Lagers werde nur dazu führen, dass die schwierige Lage der Flüchtlinge "verschleiert und vielleicht noch ein bisschen verschlimmert" werde. (APA)