Mit GNOME 2.28 hat das Team hinter dem Linux/Unix-Desktop nun nicht nur die mittlerweile fünfzehnte sondern auch die letzte geplante Major-Release der 2.x-Reihe zum Download freigegeben. Wenn alles gut geht, soll bereits im kommenden Frühjahr GNOME 3.0 eine neue Ära für das Projekt einläuten.

Weiterentwicklung

Im Gegensatz zu KDE4 vollzieht man bei GNOME3 allerdings keinen vollständigen Bruch, zwar soll sich der Workflow mit der GNOME-Shell grundlegend ändern, bei den Basis-Technologien setzt man aber auf kontinuierliche Weiterentwicklung, gleichzeitig soll mit veraltetem Code aufgeräumt, abgelöste Komponenten aus der Plattform geworfen werden.

Ausblick

Ein Ansatz, der zur Folge hat, dass im aktuellen GNOME 2.28 bereits viele der Arbeiten für GNOME 3.0 ihre Spuren hinterlassen haben. Vor allem in Hinblick auf das Aufräumen mit veralteten Technologien macht die frische 2.x-Release erhebliche Fortschritte. Doch auch davon unabhängig bietet GNOME 2.28 wieder so manches neue Feature, frische Komponenten und natürlich ganz viel Feinschliff.

Screenshot: Andreas Proschofsky

In der Vergangenheit immer wieder verschoben, vollzieht die neue Desktop-Release einen entscheidenden Wechsel: Statt auf Gecko, jene Rendering Engine, die auch beim Firefox zum Einsatz kommt, setzt man künftig auf Webkit, das ursprünglich als KHTML in der KDE-Welt entstanden ist und von Safari und Google Chrome genutzt wird.

Speed

In der vorliegenden Version bedeutet diese vor allem, dass der GNOME-eigene Webbrowser Epiphany portiert wurde, ein Schritt der der Software durchaus gut ansteht. So ist Epiphany 2.28 in jeglicher Hinsicht spürbar schneller als seine Vorgänger - von der Startzeit bis zur Rendering-Geschwindigkeit.

Neues

Gleichzeitig hat man der Software das eine oder andere neue Feature beigebracht: Einen Statusbar gibt es von Haus aus nicht mehr, Link-Informationen werden als Overlay eingeblendet. Der Lade-Fortschritt wird im Hintergrund der URL-Zeile angezeigt - übrigens ein neues Feature des vom GNOME verwendeten Toolkit GTK+ in der Version 2.18. Statt Python setzt man für Erweiterungen jetzt auf Javascript mittels der Seed-Bibliothek.

Vorschau

Trotzdem versteht man Epiphany 2.28 noch als Beta, vor allem die Barrierefreiheits-Funktionen von Webkit sind noch nicht ganz auf dem Niveau der entsprechenden Features von Mozilla. Allerdings hat man hier in den letzten Monaten einiges an Arbeit investiert, bis zur Version 3.0 will man also gleichgezogen haben.

Screenshot: Andreas Proschofsky

Mit GNOME 2.28 nimmt das Projekt zwei kleine Änderungen an den Default-Einstellungen vor, die zweifelsfrei zu "angeregten" Diskussionen führen werden bzw. dies zum Teil schon haben.

Nebeneinander

Teil 1 betrifft die Darstellung des Toolbars: Von Haus aus wird hier nun der Beschreibungstext neben den Icons dargestellt, statt wie bisher darunter. Auf diese Weise soll das Interface nicht nur aufgeräumter wirken, der Toolbar verbraucht auch weniger des oft sehr knappen vertikalen Platzes, wie sich beim Vergleich zwischen altem (links) und neuem (rechts) Design zeigt.

Icons

Die zweite Änderung ist wohl noch kontroversieller: Künftig werden in den Menü-Einträgen eines Programms keinerlei Icons mehr dargestellt, bzw. nur an jenen Stellen, wo dies explizit von den Anwendungs-EntwicklerInnen so festgelegt wurde. Die Argumentationen für diese Änderung sind vielfältiger Natur, sie reichen von Performance-Gründen (ohne Icons ist die Darstellung einfach flotter) bis zur reduzierten Arbeit für die Icon-DesignerInnen des Projekts. Vor allem aber hofft man darauf, dass die Menüs so aufgeräumter wirken, ist bislang hier doch ein Misch-Masch zwischen Einträgen mit und ohne zugehöriges Icon vorhanden.

Relativ

Bei beiden Änderungen gilt es nicht zu vergessen: Sie können leicht über das "Appearance"-Einstellungstool rückgängig gemacht werden. Insofern gilt es auch abzuwarten, ob hier alle Distributionen den neuen Default-Vorgaben folgen werden - in den aktuellen Entwicklungsversionen tun dies Ubuntu, openSUSE und Fedora allerdings.

Screenshot: Andreas Proschofsky

Eine wichtige Rolle bei jeder frischen GNOME-Release nimmt die Aufnahme neuer Komponenten in das Release Set ein. In der aktuellen Ausgabe gehört dazu unter anderem das GNOME Disk Utility. Damit lassen sich interne und externe Datenträger nicht nur bequem verwalten und partitionieren, es können auch die SMART-Informationen über den aktuellen Zustand der Platte abgefragt werden.

Integration

Die Software integriert sich dabei auch mit dem restlichen Desktop, so wird etwa schon beim Login automatisch darüber informiert, wenn sich bei einer Platte ein Problem abzeichnet. Außerdem bekommt der GNOME auf diesem Weg nun endlich ein Tool zur Formatierung von beliebigen Datenträgern, dies kann direkt über das Kontextmenü im File Manager Nautilus aufgerufen werden. Das veraltete gfloppy-Tool wurde hingegen aus dem Desktop entfernt.

Features

Ein weiterer Neuzugang ist GNOME Bluetooth: Das ohnehin schon von den meisten Distributionen ausgelieferte Tool hat vor der offiziellen Aufnahme in den Desktop aber noch so manches neue Feature spendiert bekommen. So integrierte sich GNOME-Bluetooth per Pulseaudio mit Headsets, für Bluetooth-Internet-Anbindungen mittels Mobiltelefon arbeitet man mit dem NetworkManager zusammen.

Screenshot: Andreas Proschofsky

Über die libchamplain wandert außerdem das Thema Geolokalisierung in die GNOME-Welt. In der aktuellen Release gibt es dies etwa in Form eines Plugins für den Bildbetrachter Eye of GNOME, wurden bei Fotos Informationen über den Aufnahmeort  mitgespeichert, wird dieser in einem Sidebar visualisiert. Für die Kartendarstellung greift man auf OpenStreetMaps zurück.

Messaging

Ein weiterer Konsument der libchamplain ist der Instant Messenger Empathy, wer will, kann hier nun seine Kontakte über den eigenen Aufenthaltsort auf dem Laufenden halten - die diesen wiederum auf einer Karte anzeigen könne. Überhaupt gehört Empathy zu den Komponenten mit den umfangreichsten Änderungen in GNOME 2.28. Dazu gehören der Support für Adium-Themes und ein Fullscreen-Modus bei der Video-Wiedergabe.

Desktop-Sharing

Außerdem: Durch die Integration mit Vino/Vinagre lässt sich von hier aus nun der aktuelle Desktop sehr simpel mit den eigenen Kontakten sharen, einfach im Kontextmenü den entsprechenden Eintrag auswählen, und das Gegenüber bekommt eine Bestätigungsdialog, nach dessen Zustimmung alles Nötige automatisch eingerichtet und gestartet wird. Dem zugrunde liegen die sogenannten "Telepathy Stream Tubes", über die sich in Zukunft noch wesentlich mehr Möglichkeiten eröffnen sollen. So wurde etwa im Rahmen eines Google Summer of Code-Projekts eine Erweiterung für den Media-Player Banshee entwickelt, mit der Kontakte ihre gesamte Musiksammlung mit einander sharen können.

Umbau

Zusätzlich hat man das Interface in einigen Teilen deutlich umgearbeitet, ein Schritt, der der Software endlich den Einzug als Standard-IM-Client in Ubuntu, Fedora und Co. bringen soll (und wird). So wurden etwa die Account-Einstellungen neu gestaltet, die aktuelle Statusmeldung kann nun schnell in die zugehörige Box getippt werden, die Kontaktliste lässt sich per Drag & Drop umsortieren.

Screenshot: Andreas Proschofsky

Mitten in einem gröberen Umbau steht derzeit die GNOME-Mail/Kalender-Lösung Evolution: Kein Wunder - war Evolution doch bislang einer der Haupkonsumenten des Komponentenmodells Bonobo, das mit GNOME 3.0 endgültig in Pension geschickt werden soll.  Mittlerweile ist dieses Unterfangen zwar weitgehend abgeschlossen, in GNOME 2.28 hat es aber noch keine Spuren hinterlassen - hier setzt man noch auf die ältere, aber besser getestete und damit wohl auch stabilere Codebasis.

Neues

Doch auch jenseits der Vorbereitung künftiger Verbesserungen, gibt es hier zumindest die eine oder anderer kleinere Neuerung: So markiert der Evolution nun jene Ordner mit einem Stern, in dem aktuell neue Nachrichten hinzugekommen sind. iCal-Dateien können als lokale Kalenderquelle genutzt werden, das User-Interface für Dateianhänge wurde komplett neu gestaltet, der Google-Kalender-Support verbessert.

Anmerkungen

Der Dokumentbetrachter Evince unterstützt mit der neuen Version nun Anmerkungen in PDFs, selbst erstellen kann er allerdings noch keine. Nach einem Absturz werden die zuletzt benutzten Dateien wieder automatisch geöffnet, die eigene Druckvorschau gibt es als separate Anwendung, damit sie auch von anderen Programmen genutzt werden kann.

Screenshot: Andreas Proschofsky

Eine der Änderungen, die sich nur schwerlich in Screenshots fassen lässt, die aber wohl zahlreiche BenutzerInnen erfreuen wird: GNOME-Mitgründer Federico Mena-Quintero hat sich im aktuellen Release-Zyklus zu einem bedeutenden Teil der Verbesserung  des Display-Hotpluggings und der RANDR-Unterstützung gewidmet: Konkret bedeutet dies: Extern angehängte Monitore oder Beamer sollten nun weitgehend automatisch konfiguriert werden, auch wurden zahlreiche bisher vorhandene Bugs in diesem Bereich beseitigt.

Dateien

Beim File Manager Nautilus passen sich die Icons nun automatisch dem DPI-Wert des verwendeten Displays an, neu ist auch die Anzeige zusätzlicher Informationen über die gerade ausgewählte Datei im Sidebar. Im "Öffnen-mit"-Dialog sind die entsprechenden Anwendungen nun sortiert und mit dem zugehörigen Icon versehen. Außerdem nutzt der Nautilus das neue Metadata-Framework des virtuellen Dateisystems gvfs.

Stromsparen

Der GNOME Power Manager kann jetzt auch Festplatten automatisch in den Schlafmodus versetzen, um zusätzlichen Strom zu sparen. Außerdem wurde der Umgang mit Mehr-Batterie-Systemen verbessert, bei der Veränderung der Helligkeitseinstellungen wird nun - ähnliche wie schon bisher bei Lautstärkenanpassungen - ein semitransparentes Overlay-Fenster eingeblendet.

Screenshot: Andreas Proschofsky

Bei der Webkamera-Anwendung Cheese wurde einmal mehr Feinschliff am Interface betrieben. Neben einem aufgeräumteren Einstellungsdialog bedeutet dies auch die Aufnahme eines "Netbook-Modus", bei dem die aktuellen Aufnahmen rechts neben der Vorschau angezeigt werden anstatt wie bisher darunter. Neu ist ebenso die Möglichkeit das Bild manuell anzupassen, etwa in Hinblick auf Helligkeit, Kontrast oder Sättigung.

Burst

Außerdem gibt es einen neuen Burst-Modus, in dem Serien-Fotos erstellt werden, Anzahl und zeitlicher Abstand können dabei frei definiert werden. Weiters wird nun der Capture-Knopf, der auf zahlreichen Webcams zu finden ist, unterstützt, die Default-Auflösung bei Videos wird automatisch auf die höchste eingerichtet, bei der sich zumindest 15 Bilder/Sekunde erzielen lassen.

Video

Neue Features auch beim Video-Player Totem: Mittels der "."-Taste ist es nun möglich Bild für Bild durch ein Video voranzuschreiten, außerdem wird die Wiedergabe automatisch an der zuletzt betrachteten Stelle fortgesetzt. In DVD-Menüs lässt sich jetzt mit den Pfeiltaste navigieren, das Youtube-Plugin wurde in C neu verfasst und soll daraus resultierend wesentlich flotter zu Werke gehen. Außerdem gibt es ein neues Plugin für den BBC iPlayer.

Screenshot: Andreas Proschofsky

Wem schon mal gern mal die Festplatte vollläuft, der wird sich über eine weitere Neuerung freuen: Der GNOME warnt nun davor wenn es mit dem Plattenplatz eng wird. Zusätzlich wird das Leeren des Mistkübels oder die Analyse des Speicherplatzverbrauchs mittels Baobab angeboten.

Tomboy

Beim Desktop-Wiki Tomboy lassen sich die einzelnen Notizen ab sofort auch direkt über ein externes Programm editieren, ein neues Plugin sorgt dafür, dass das Programm selbst diese Änderungen auch sofort übernimmt. Nützlich ist dies etwa, um Änderungen auch ohne grafisches Interface vorzunehmen, etwa auf einem Server, der zum Abgleich benutzt wird. Außerdem wurde die Startzeit verbessert und der Suchdialog mit dem Fokus auf Verbesserung der Usability umgearbeitet.

Medien

Das Tool zur Lautstärkenkontrolle wurde in einigen Bereichen erweitert, dazu gehört etwa der Support für Subwoofer und Überblendungen zwischen den einzelnen Kanälen, auch 5.1-Systeme unterstützt man nun. Gleichzeitig hat man das zugehörige GNOME Media-Paket ausgemistet, nicht mehr aktuelle Anwendungen wie der GNOME CD-Player oder der cddb-slave wurden entfernt.

Vermischtes

Ein paar vermischte Kleinigkeiten: Der File Roller kann mittlerweile auch mit lzip und xz-Archiven umgehen, der Remote-Desktop-Anzeiger Vinagre wurde praktisch neu geschrieben, zusätzliche Protokolle (neben den bereits unterstützten VNC und SSH) sollen sich künftig über Plugins hinzufügen lassen. Beim Appearance-Einstellungsdialog heben sich Slideshows nun deutlich von normalen Hintergrundbildern ab, hinzugekommen sind Links, um online neue Themes und Wallpapers zu beziehen.

Screenshot: Andreas Proschofsky

Diverse frische Funktionen hat das Zeiterfassungs-Applet "Hamster" gewonnen: Vor allem das Interface wurde starken Umbauten unterzogen, etwas das sich unter anderem in einer neuen Überblicksansicht manifestiert. Es gibt nun Statistiken sowie die Unterstützung diverser Export-Formate wie XML, TSV oder iCal - über letzteres kann das Ganze auch in den Evolution importiert werden. Außerdem hat man die Autovervollständigung verbessert und das nachträgliche Hinzufügen von bereits erledigten Aktivitäten vereinfacht.

Spiele

Die im GNOME Games-Paket enthaltenen Spiele werden nach und nach auf die 3D-Bibliothek Clutter portiert. In diesem Zyklus wurde etwa Gnometris umgestellt, woraus ein erheblicher Performancezuwachs resultieren soll. Apropos Performance: Auch in diesem Bereich verspricht man wieder so manche Verbesserung, etwa beim Start des Login-Managers GDM, bei der Darstellung der Menüs - wo nun ein Cache zum Einsatz kommt - oder auch beim GNOME System Monitor. Durch Optimierungen an mehreren Komponenten soll die Login-Zeit weiter verbessert worden sein, entsprechend hat man auch die Darstellung eines Splash-Screens von Haus aus deaktiviert.

Optimierung

Über eine deutlich geringeren Speicherhunger dürfen sich die NutzerInnen des GNOME Terminals freuen, ein Umstand, den sie einer neuen Puffer-Implementation bei der dahinter liegenden vte-Bibliothek verdanken. Im unseren Tests zeigte sich dabei tatsächlich eine massive Verbesserung, der RAM-Konsum wurde im Vergleich zu GNOME 2.26 auf rund ein Fünftel reduziert.

Screenshot: Andreas Proschofsky

Die Basis des GNOME-Desktops bildet weiterhin das Toolkit GTK+, und auch dieses wurde in Form der Version 2.18 aktualisiert. Das Gros der Neuerungen ist vor allem für EntwicklerInnen interessant, beispielsweise in Form von neuen Widgets wie dem GtkInfoBar, der die Darstellung von Nachrichten direkt im Hauptfenster ermöglicht - ähnlich etwa der Popup-Warnung beim Firefox. Vor allem für die Zukunft wichtig ist die Umarbeitung des Toolkits in Form der "Client Side Windows", wodurch sich zusätzliche Animations- und Darstellungsmöglichkeiten ergeben sollen. Die NutzerInnen sehen dies derzeit etwa daran, dass das Vergrößern und Verkleinern von Fenstern mit vielen Elementen ohne das gewohnte "Flackern" auskommt.

Dateien

Im Dateiauswahldialog ist eine Spalte mit der Dateigröße hinzugekommen, auch werden Backup-Dateien jetzt von Haus aus ausgeblendet. Neu ist außerdem die Möglichkeit Ausdrucke als SVG-Datei abzuspeichern, weiters können die Seiteneinstellungen in den Haupt-Druck-Dialog eingebettet werden. Die Glib 2.22 hat mit GNIO neue Netzwerk-APIs spendiert bekommen, die unter anderem den Umgang mit IPv4 und IPv6, die Hostname-Auflösung und reverse Lookups von IP-Adressen erleichtern. Pango, die Bibliothek zur Schriftdarstellung, kann wiederum mit einer ganz neuen OpenType-Engine aufwarten, die nicht nur besser mit kaputten Fonts umgehen können soll, sondern auch weniger Speicher verbraucht.

Aufräumen

Massive Fortschritte gab es - wie schon Eingangs kurz erwähnt - beim Aufräumen der Plattform: So wurden alleine 28 Module von der bisher für die Interface-Erstellung zuständigen libglade auf den aktuellen GTKBuilder-Support portiert. Die Abhängigkeit von der libgnome wurde aus 14 Modulen entfernt, bei der libgnomeui sind es gar 16, bei den restlichen "Deprecated Libraries" ist die Lage ähnlich, so dass die aktuelle Tabelle auf dem Weg zu GNOME 3.0 in dieser Hinsicht schon recht gut aussieht.

Screenshot: Andreas Proschofsky

Dass GNOME 2.28 ein wichtiger Zwischenschritt auf dem Weg zur Version 3.0 ist, zeigt sich auch durch einen anderen Fakt: Um möglichst frühzeitig UserInnen-Feedback zu bekommen, wurde parallel eine erste Beta-Version der GNOME Shell veröffentlicht. Diese soll einen zentralen Bestandteil von GNOME3 darstellen und dabei den Workflow des Desktops grundlegend ändern, der bisherige Window Manager und das Panel werden gleichermaßen ersetzt.

Prinzip

Auch wenn es sich dabei noch um eine frühe Version handelt, bei der die EntwicklerInnen explizit darauf hinweisen, dass es sowohl bei der Optik als auch in Hinblick auf die Performance noch einiges zu tun gibt, präsentiert sich die GNOME Shell schon jetzt als äußerst interessante Alternative. So wird etwa das klassische Menü durch einen "Activities"-Knopf ersetzt, der bei seinem Anklicken den Overlay-Modus aufruft.

Workspaces

In diesem werden dann sämtliche geöffnet Workspaces übersichtlich dargestellt, in diesen wiederum alle Anwendungen Expose-mäßig verteilt. Das Workspace-Handling ist dabei wesentlich dynamischer als bisher, statt einer fixen Anzahl von Desktop-Oberflächen beginnt jede Session mit einem virtuellen Desktop. Neue Workspaces werden dann über den Plus-Knopf am unteren Bildschirmrand erstellt.

Screenshot: Andreas Proschofsky

Noch einfacher ist es allerdings eine Anwendung aus dem Menü per Drag & Drop auf den erwähnten Plus-Button fallen zu lassen - dadurch wird ein neuer Workspace geöffnet auf dem das jeweilige Programm geöffnet wird. Bereits geöffnete Anwendungen lassen sich natürlich auch per Drag & Drop zwischen den einzelnen Oberflächen verschieben, nett auch die Möglichkeit mit dem Mausrad im Überblicks-Modus einzelne Anwendungen näher heranzuzoomen.

Seite

Am linken Rand des Overlay-Modus befindet sich eine Art Sidebar, in dem zunächst mal die beliebtesten Anwendungen, die zuletzt benutzten Dateien und die "Places" angezeigt werden. Drückt man bei den Anwendungen auf den beiliegenden Browse-Knopf öffnet sich ein Menü, aus dem die restlichen verfügbaren Programme ausgewählt werden können, ähnlich bei den Dokumenten. Zusätzlich gibt es aber noch ein Suchfenster, das beim Aufspüren relevanter Programme und Dateien hilft, Einstellungstools werden hier übrigens extra ausgewiesen.

Higlights

Bereits geöffnet Anwendungen werden mit einem blauen Highlight unterlegt, die zugehörigen Icons lassen sich dann rechts anklicken, wodurch alle anderen Programme in der Overlay Darstellung ausgeblendet werden. Auch öffnet sich ein Kontextmenü, das unter anderem das Öffnen eines neuen Fensters ermöglicht. Dies ist auch deswegen sinnvoll, da der Links-Klick auf das Anwendungsicon nicht mehr wie bisher ein weiteres Fenster öffnet, sondern zum bereits vorhandenen wechselt.

Screenshot: Andreas Proschofsky

Da die GNOME Shell doch eine starke Änderung des Desktop-Workflows darstellt, bleibt zu hoffen, dass die diversen Distributionen die Chance ergreifen und sie den eigenen NutzerInnen bei ihren in den nächsten Wochen zur Veröffentlichung anstehenden Releases möglichst einfach zum Test stellen. Bei Fedora ist davon wohl auszugehen, immerhin ist Red Hat derzeit die treibende Kraft hinter der GNOME-Shell-Entwicklung. 

Others

Gegenüber dem WebStandard versicherte außerdem der bei Novell angestellte GNOME-Release-Manager Vincent Untz, dass man bei openSUSE 11.2 über den Login-Screen zwischen einem klassischen Desktop und der GNOME Shell wechseln können soll. Bei Ubuntu hat man sich bislang noch nicht zu entsprechenden Plänen geäußert, zumindest gibt es aber schon die zugehörigen Pakete im Community-Repository.

Quellen

Zunächst gibt es jetzt aber einmal GNOME 2.28, dieses kann wie gewohnt kostenlos in Form des Source Codes von der Seite des Projekts heruntergeladen werden. Fertige Pakete wandern derzeit bereits in die Entwicklungszweige der großen Distributionen, die die neue Desktop-Version mit ihren nächsten Releases ausliefern werden. (Andreas Proschofsky, [@suka_hiroaki auf Twitter], derStandard.at, 23.09.2009)

Screenshot: Andreas Proschofsky