Machtpolitiker Flecker vor einer Arbeit Michael Schusters.

 

Foto: Gubisch

Graz - Er wollte gegen "elitäre Ansprüche der Hochkultur und gegen die Quotenlastigkeit" antreten, erzählt der steirische Noch-Kulturlandesrat Kurt Flecker (SP) dem Standard. Und: "Ein bisschen länger hätte die Kultur meine Handschrift schon noch vertragen." Ein bisschen länger, nämlich genau ein Jahr, wäre er vor der überraschenden Regierungsrochade, die Landeshauptmann Franz Voves kürzlich verkündete, die aber noch kippen könnte, auch geblieben.

Doch Voves entschied, den 62-Jährigen nach vier Jahren durch Bildungslandesrätin Bettina Vollath zu ersetzen. Seit das bekannt wurde, herrscht in der Kulturszene helle Aufregung. Niemand zweifelt an der Integrität Vollaths, doch der Zeitpunkt scheint fatal: Förderungen werden gerade evaluiert, der Steirische Herbst steht kurz vor Finanzverhandlungen, und das kürzlich vom Landes- zum Universalmuseum mutierte Joanneum vor Vollendung eines langjährigen Prozesses, der es in Europa neu positionieren soll: Das Joannumviertel soll 2012 fertig werden.

"Ein starker Politiker, der - sicher nach anfänglichen Schwierigkeiten - eines der stärksten kulturpolitischen Signale in ganz Österreich gesetzt hat", lobt der Intendant des Joanneums, Peter Pakesch, "ich hatte auch meine Sträuße mit ihm auszufechten, aber er war für das Joanneum ein starker Verbündeter, der unser Projekt als Ganzes verstanden hat und die Kunst vor Polemik schützen konnte." Zu den anfänglichen Fehlern zählt nicht nur für den Joanneum-Chef die Ausrichtung der ersten Regionale 2008, einem biennalen Kulturfestival in den Regionen, für dessen Finanzierung Flecker die überholten, Millionen kostenden Landesausstellungen abschaffte - was allerorten begrüßt wurde. Pakesch räumt ein: "Noch vor einem Jahr hätte er nicht solche Nachrufe erhalten, aber Leute, die in der Kulturpolitik etwas bewirken wollen, brauchen eben ein paar Jahre Zeit."

Bemerkenswert scheint, wie einhellig das Lob sowohl aus der freien Szene als auch von Institutionen wie dem Steirischen Herbst und seiner Chefin, Veronica Kaup-Hasler, ausfällt. Sogar ein offener Brief von Professoren der berufsbildenden Kunstschule Ortweinschule, die sich bei Flecker bedanken, erreichte die Redaktionen im Land. Der Herausgeber der Literaturzeitschrift Lichtungen, Markus Jaroschka, bewundert "Fleckers Mut, sich nie hinter Quoten zu verstecken", und Monika Klengel, Geschäftsführerin vom Theater im Bahnhof, sagt: "Er hat gute Arbeit geleistet, weil er durch mehrjährige Verträge vielen Institutionen das Überleben ermöglichte und die Förderungen für die freie Szene deutlich erhöhte." Flecker wusste freilich gut, wie viel Geld er für die Kultur verlangen konnte: Er war jahrelang SP-Budgetverhandler.

Doch es gibt auch noch kritische Stimmen, die ihm übel nehmen, dass er mehrmals mit inhaltlichen Einflussnahmen - etwa beim Woodstock-Festival absolutely free oder bei besagter Regionale 08 - eigene Interessen durchsetzte. "Für mich ist er ein Wolf im Schafspelz", so etwa ein ehemaliger Projektmitarbeiter zum Standard, "er hatte echtes Interesse an der Kultur, aber den Machtpolitiker in sich konnte er nicht verleugnen, und damit hat er das Duckmäusertum um sich herum gezüchtet." (Colette M. Schmidt / DER STANDARD, Print-Ausgabe, 18.9.2009)