Wir werden gewinnen." Natürlich ist es ein bisschen lächerlich, wenn SPD-Chef Franz Müntefering nach diesem Superwahlwochenende wieder einmal einen seiner berühmten Drei-Wort-Sätze loslässt, um Stärke zu demonstrieren, die es gar nicht gibt. Doch andererseits: Täte er es nicht, würde er nicht versuchen, aus dem Absturz der CDU Kapital zu schlagen, dann könnte man Kanzlerin Angela Merkel bei der Bundestagswahl am 27. September wohl gleich per Akklamation ins Kanzleramt befördern.

Man kann der SPD ihre Euphorie also nicht übelnehmen. Doch bei Lichte und nicht durch die rosa Wahlkampfbrille betrachtet, sieht die Lage ein wenig düsterer aus. Die Chancen von Kanzlerkandidat Frank-Walter Steinmeier, doch noch ins Kanzleramt einzuziehen, sind nicht gestiegen. Vier Wochen reichen nicht, um das Ruder herumzureißen. Im Bund liegt die SPD meilenweit hinter der CDU, das Gleiche gilt für die Sympathiewerte von Steinmeier und Merkel.

Außerdem ist es ja nicht so, dass die SPD bei diesen drei Testwahlen in schwindelerregende Höhen schnellte. Im Gegenteil: Dass sie in Thüringen und im Saarland überhaupt Chancen auf das Amt des Ministerpräsidenten hat, verdankt sie nicht eigener Kraft, sondern der Stärke der Linkspartei. Diese passt der SPD zwar in den Ländern ins Konzept, im Bund aber will sie sie nicht für eine rot-rot-grüne Koalition nach der Bundestagswahl nützen.

Das kann man gut oder schlecht finden, auf jeden Fall ist es eines der Handicaps von Steinmeier. Das zweite heißt "fehlende Wechselstimmung". 1998, als Gerhard Schröder (SPD) antrat, um Helmut Kohl (CDU) aus dem Kanzleramt zu vertreiben, herrschte im ganzen Land "Kohl-muss-weg-Stimmung", heute hingegen "Merkel-stört-ja-nicht-Laune".

Umgekehrt aber gibt es keinen Grund für die Kanzlerin, nach diesem Wahlsonntag dem 27. September besonders gelassen entgegenzublicken. Ihre "Frohbotschaft", dass die CDU in den drei Ländern ja weiterhin die stärkste Kraft sei, erinnert an das Pfeifen des Ängstlichen im Walde. Gerade in Thüringen und im Saarland wird Merkel der Albtraum der Bundestagswahlen von 2002 und 2005 deutlich vor Augen geführt: Ein schwarz-gelbes Bündnis scheitert nicht an der Schwäche der FDP, sondern an mangelnder Zustimmung für die CDU.

Trotzdem ist richtig, dass Merkel, nach diesem Schuss vor den Bug, nicht ihren persönlichen Stil ändert. Schrille Töne von jemandem, der das Land in den vergangenen vier Jahren im moderat-präsidialen Ton regiert hat, wären wenig glaubwürdig. Aber ein wenig mehr Feuer inhaltlicher Art darf man jetzt schon erwarten. Sowohl SPD als auch Union müssen ihre Positionen besser darlegen, niemandem haben die Landtagswahlen besonderen Vorteil verschafft.

Es geht nicht nur darum, wie Deutschland weiter regiert wird, man will wissen, wie das Land wieder aus der Krise herausfindet. Um die eine oder andere Zuspitzung werden dabei beide Seiten nicht herumkommen. Aber das ist immer noch besser als der bisherige Nichtwahlkampf, in dem vor allem eine Angst vorherrscht: bloß keinen Fehler zu machen. (DER STANDARD, Printausgabe, 1.9.2009)