Brüssel ist die alte Glühbirne nicht grün genug.

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Leuchten-Designer Maurer: "Ich bin trotzdem absolut gegen die EU-Richtlinie, weil die Glühbirne so ein wunderschönes Objekt ist, dass sehr angenehmes Licht spendet, weil die Richtlinie uns die Wahlfreiheit nimmt."

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"How to protect yourself from stupid Rules! Use the Euro Condom."

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Für Anhänger der Glühbirne ist der 1. September 2009 ein dunkler Tag. Denn die EU hat, so die Botschaft aus Brüssel, endlich den richtigen Dreh gefunden, um die Klimakatastrophe aufzuhalten: Glühlampe raus - Energiesparlampe rein. Also verschwinden zunächst alle matten Glühbirnen sowie sämtliche Glühlampen mit 100 Watt aus dem Handel. Ein Jahr später geht für die 75-Watt-Birnen das Licht aus, 2011 markiert das Ende der 60-Watt-Modelle und 2012 schließlich das der 40- und 25-Watt Birnen. Was in den Regalen der Geschäfte steht, darf zwar noch verkauft werden. Angesichts der Nostalgie und teilweisen Hysterie der Kunden dürfte der Vorrat allerdings schnell aufgebraucht sein.

Hamsterkäufe

"Die Kunden reißen mir die Paletten mit 100, 200 Stück förmlich aus der Hand", so Matthias Zitter, Mitarbeiter im Leuchtenzentrum in Wien Neubau. Von Hamsterkäufen, aber auch unglücklich gelaufener Kommunikation ist dabei die Rede. Wie zum Beweis erscheint eine ältere Kundin mit dem Wunsch nach 25-Watt-Glühbirnen. Für ihr Badezimmer. Nur noch drei Stück auf Lager?  "Ja, aber die kommen nach", vertröstet Zitter. Große Augen bei der Dame: "Ich dachte, die gibt's bald nimmer?"

Mehr Heizkörper als Licht

Die Leute deckten sich für die nächsten zehn Jahre mit Glühbirnen ein, schüttelt Zitter den Kopf. "Die EU wird noch auf ihren Energiesparlampen sitzen bleiben." Auch an den Brüsseler Zielen lässt er kein gutes Haar, gäbe es doch wesentlich effektivere Möglichkeiten, Energie zu sparen. Die Kommission sieht das anders: Für sie sind Glühlampen Heizkörper, die nebenbei leuchten. Tatsächlich werden nur fünf Prozent der Energie in Licht umgesetzt - bei Energiesparlampen sind es bis zu 25 Prozent. Die neuen Modelle verbrauchen rund 80 Prozent weniger Strom - und funktionieren mit 15.000 Stunden bis zu 15 Mal länger. Das hehre Ziel: EU-weit könnte mit dem Austausch der Lampen der Stromverbrauch von 23 Millionen Haushalten eingespart werden, der Ausstoß des klimaschädlichen Kohlendioxids soll jährlich um 32 Millionen Tonnen sinken. 

Ein Argument, das auch Ingo Maurer, renommierter Licht-Designer, auf derStandard.at-Anfrage aufstößt: "Es geht nicht, dass ein paar Bürokraten, die Kompaktleuchtstoffröhren als gut empfinden, allen anderen vorschreiben, was sie gut finden und wo sie sparen sollen. Auch um Energie zu sparen gibt es sehr viel mehr Möglichkeiten. Es besteht nun vielmehr die Gefahr, dass die Leute ein paar Glühlampen auswechseln, ein gutes Gewissen haben und in den anderen Bereichen weitermachen wie bisher."

"Euro Condom"

Überhaupt haben die vermeintlichen Umweltretter neben einem stolzen Preis nach wie vor einen miesen Ruf. Kaltes, bläuliches Licht, gepresst in eine sperrige Form, die bei häufigem An- und Ausschalten auch noch schnell kaputt ist.

Designer Maurer überraschte auf der Euroluce-Messe in Mailand das staunende Publikum mit einem Aufsehen erregenden Entwurf: Dem "Euro Condom". Mit Hilfe eines Silikonüberzugs können klare Glühlampen, die es vorläufig noch weiter zu kaufen gibt, in mattierte Lampen verwandelt werden. Eine Lösung mit Ablaufdatum, wie Maurer weiß.

"Ich arbeite schon seit Jahren in erster Linie mit Halogenleuchtmitteln, die effizienter sind als die Glühlampen, und mit LEDs. Wir sind immer auf der Suche nach Technologie, die ein gutes, angenehmes Licht und sparsamen Verbrauch vereint."

Helle Freude bei Osram

Sicher, die Energielampen sind besser geworden. Hersteller wie Osram legen sich kräftig ins Zeug, um das Image ins rechte Licht zu rücken. Die Lichtfarbe gleiche inzwischen herkömmlichen Birnen, heißt es. Auch die Verzögerung beim Einschalten sei passé. Und die Unförmigkeit: längst Geschichte. So gelang es dem Lichtkonzern, der schon frühzeitig auf die stromsparende Technik gesetzt hat, zuletzt, bis zu 15 Prozent mehr Energiesparlampen zu verkaufen.

Dennoch, der Endverbraucher sei wegen des hohen Preises erbost, so Christine Prenner, Geschäftsführerin des 300 Jahre alten Traditionsunternehmens Schreiner Leuchten in der Wiener Innenstadt. Sie selbst sieht die neuen Vorgaben aus Brüssel aber nicht nur negativ. "Man darf diese Entwicklung nicht nur verteufeln. Immerhin gibt es Impulse für neue Technologien, die leichter zu entwickeln sind, weil der Markt dafür vorhanden ist." Sorgen macht sich Prenner allerdings um die Vielfalt, die mit dem Aus der Glühbirne zwangsläufig verschwindet. "Energiesparlampen bei Kristalllustern sind schrecklich." Wo möglich, bestückt sie ihre Leuchter mit Niedrig-Volt-Halogenlampen. Bis 2016 - dann verschwinden auch die vom Markt. Beim Gedanken an die Effizienz der Sparlampen kommt sie ins Schmunzeln: "Schon als Kinder haben wir gelernt, das Licht auszuschalten, wenn wir aus dem Raum gehen. Sollen wir die Energiesparlampen jetzt die ganze Nacht brennen lassen?" Nachsatz: "Die Herstellung ist energieaufwändig, die Entsorgung über den Sondermüll ebenso."

Zukunft gehört LED-Lampen

Der heimische Leuchtenhersteller Zumtobel ist vom Glühbirnen-Verbot nicht betroffen. "Wir bieten Leuchtkörper für den professionellen Bereich an. Dabei kommen Halogen-, HTI- bzw. Leuchtstofflampen zum Einsatz", erläutert Gudrun Schach, Leiterin des Zumtobel Lichtforum in Wien. Das Unternehmen stehe voll und ganz hinter dem Energiespar-Gedanken, persönlich seien die Mitarbeiter aber gegen das Glühbirnen-Verbot. Sie selbst plädiert für andere innovative Lösungen wie LED-Lampen, doch diese seien "heute noch zu teuer und in der Wartung sehr aufwändig."

Das Leuchtenzentrum in Neubau füllt sich derweil mit Kunden. Eine Glühbirne nach der anderen geht  über den Ladentisch. Eine Kundin versucht in der Not ihr Glück: "Sagen'S, kriege ich jetzt einen Rabatt?" (Sigrid Schamall, derStandard.at, 31.8.2009)