Wien - "Wir sind Gäste und es ist nicht unsere Entscheidung, wo der Empfang stattfindet", sagte Elke Graf, die Geschäftsführerin des pro:woman Ambulatoriums am Sonntag zum Standard. "Und es ist eine Ehre, eingeladen zu sein."

Wie berichtet, hat der Abendempfang, zu dem die Wiener Gesundheitsstadträtin Sonja Wehsely (SP) anlässlich des 30-jährigen Bestehens des "Ambulatoriums für Sexualmedizin und Schwangerenhilfe" für kommenden Donnerstag geladen hat, für Aufregung gesorgt.

Der Wiener Erzbischof Christoph Schönborn hatte Bürgermeister Michael Häupl in einem Schreiben mitgeteilt, dass es statt einer Festveranstaltung Zeit für einen runden Tisch wäre, um über die Umsetzung der flankierenden Maßnahmen zur Fristenlösung zu reden.

Ende vergangener Woche wurde die Veranstaltung schließlich vom Stadtsenatssitzungssaal des Rathauses in den Rathauskeller verlegt. Aus technischen Gründen, wie es aus dem Büro Häupls hieß. Im Stadtsenatssitzungssaal sei die Klimaanlage defekt, alle geplanten Veranstaltungen für 3. und 4. September hätten verlegt werden müssen. "Offenbar genügt ein Zuruf eines Kirchenvertreters, und schon geht die SPÖ in die Knie", kam Kritik von den Wiener Grünen.

Häupl: "Fristenlösung ist Gesetz"

Häupl hat Schönborn jedenfalls bereits in einem Schreiben geantwortet. Schönborn-Sprecher Erich Leitenberger: "Die Reaktionen, die da gekommen sind, waren mitunter sehr befremdlich. Aber mit dem Antwortschreiben von Bürgermeister Häupl war der Kardinal sehr zufrieden, und es wird schon bald ein Gespräch zwischen den beiden geben." Dieses sei vor dem Rathaus-Empfang am Donnerstag aus Termingründen zwar unrealistisch. Leitenberger: "Bei dem Treffen wird es nicht um die Fristenlösung an sich gehen - die ist Gesetz. Sehr wohl werden aber jene flankierenden Maßnahmen, die SP-Bundeskanzler Bruno Kreisky bereits 1974 zugesichert hat und die nie umgesetzt wurden, Thema sein."

Flankierenden Maßnahmen

Die Forderung nach flankierenden Maßnahmen kann Christian Fiala, der die Gynmed-Ambulatorien in Wien und Salzburg leitet, nicht nachvollziehen. "Es gibt in Österreich rund 300 geförderte Familienberatungsstellen, viele davon sind kirchliche Einrichtungen." Wichtiger sei es, Frauen, die abtreiben möchten, den Zugang zu Gesundheitseinrichtungen zu ermöglichen, "ohne dass diese von religiösen Fanatikern psychisch terroisiert werden." Frauen würden verantwortungsvoll mit der Entscheidung für oder gegen eine Schwangerschaft umgehen. Die "Bevormundung" durch Kirchenvertreter sei "eine Frechheit".

Der Mediziner hat Schauspieler engagiert, um die militanten Abtreibungsgegner davon abzuhalten, die Frauen zu belästigen. "Entweder sie stellen sich vor die Leute und schauen ihnen stundenlang in die Augen oder sie lesen ihnen ununterbrochen die Info-Broschüre von Gynmed vor." Fiala fordert Schutzzonen, in Frankreich hätten die psychischen Übergriffe auf die Frauen dadurch abrupt geendet. 8Bettina Fernsebner-Kokert, Markus Rohrhofer, DER STANDARD Printausgabe 31.8.2009)