Als Michael Häupl im Februar bei der Klubklausur der Wiener SPÖ in Rust überraschend die Einführung des Gratiskindergartens verkündete, gab es von den Delegierten begeisterten Applaus. Sogar die Oppositionsparteien begrüßten den politisch geschickten Coup. Denn eines steht fest: Gratiskindergärten für Null- bis Sechsjährige sind gesellschaftspolitisch ein großer Wurf.

Die SPÖ hat dabei stets gerne den Eindruck erweckt, dass der Kindergartenbesuch ab September für alle beitragsfrei sein wird. "Wir wollen klotzen und nicht kleckern" , hatte Häupl vollmundig verkündet. Doch wie sich herausstellte, wird knapp ein Viertel aller Eltern, deren Kinder kleine Privatkindergärten besuchen, weiter zahlen müssen - vor allem jene, die kleinere Gruppen und besondere pädagogische Angebote bevorzugen.

Das hat Häupl offenbar nicht bedacht - ebenso wenig, dass ein "Gratiskindergarten für alle" auch die Reicheren fördert. Seinen Beamten hat es der Bürgermeister obendrein nicht leichtgemacht. Eine ordentliche Vorbereitung des administrativen Kraftaktes wurde politischer Selbstinszenierung untergeordnet. Am Ende musste dann doch gekleckert werden. Häupl war nicht bereit, aus seinem Vorpreschen die Konsequenzen zu ziehen und wirklich alle Kindergärten gratis zu machen - was im Ergebnis unnötig patschert wirkt.

Vielen Eltern wurden falsche Hoffnungen gemacht. Das könnte für die SPÖ bei den Gemeinderatswahlen im kommenden Jahr noch zum Problem werden. (Bettina Fernsebner-Kokert/DER STANDARD-Printausgabe, 29./30. August 2009)