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Weil Ungarns Präsident letzten Freitag nicht in die Slowakei durfte, kracht's. Lajčák will nun direkte Gespräche.

Foto: AP/Hans Punz

 Ungarn behandle die Slowakei im jüngsten Streitfall gönnerhaft und verweigere den Dialog, sagt der slowakische Außenminister Miroslav Lajčák zu András Szigetvari. Aus Budapest kämen beispiellose Vorwürfe.

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STANDARD: Wieso mag Ihre Regierung den ungarischen Präsidenten Lászlo Sólyom nicht?

Lajčák: Warum glauben Sie, dass wir ihn nicht mögen?

STANDARD: Sie haben ihn nicht in Ihr Land einreisen lassen.

Lajčák: Dass wir ihn nicht hineingelassen haben, bedeutet nicht, dass wir ihn nicht mögen. Wir respektieren Präsident Sólyom. Aber seine Besuche in Ländern mit einer großen ungarischen Minderheit haben in der Vergangenheit Probleme verursacht, weil sie nicht abgesprochen waren. Rumänien verweigerte Sólyom etwa die Landeerlaubnis. Als er Serbien besuchen wollte, riet ihm Serbiens Präsident Boris Tadiæ davon telefonisch ab. Auch Sólyoms geplanter Slowakei-Besuch wurde nicht ordentlich kommuniziert. Hinzu kommt die angespannte Atmosphäre: Aus Ungarn kamen in den letzten zwei Monaten, seit Verabschiedung des neuen slowakischen Sprachgesetzes, beispiellose Vorwürfe.

STANDARD: Welche Vorwürfe?

Lajčák: Wir wurden als Rassisten verunglimpft und beschuldigt, für die schlimmsten Angriffe auf eine Minderheit seit dem Bosnienkrieg verantwortlich zu sein. In dieser Atmosphäre entschied sich Sólyom, in die Slowakei zu einer Statueneinweihung zu reisen. Unseren Präsidenten, unsere Politiker hat er dabei ignoriert. Wir hatten zudem Informationen, dass Extremisten bei der Veranstaltung Provokationen planten. Wir haben Sólyom daher über mehrere Kanäle ersucht, nicht anzureisen. Das wurde ignoriert. Es war keine leichte Entscheidung, aber wir konnten den Präsidenten unter diesen Umständen nicht einreisen lassen.

STANDARD: Ist Ihre Regierung für die Spannungen mitverantwortlich?

Lajčák: Natürlich braucht es zwei, um Tango zu tanzen. Was mich aber schockiert, ist, dass auf Seite unserer ungarischen Freunde jede Form von Selbstkritik und Selbstreflexion fehlt. Nehmen Sie das Interview, das Ungarns Außenminister Péter Bálazs Ihrer Zeitung gegeben hat (der Standard, 25. 8., Anm.): Es wirkt, als würde da ein Lehrer mit seinen Schülern reden.

STANDARD: In Ihrer Regierung sitzt die Partei des Nationalistenführers Ján Slota. Sind da Ängste nicht berechtigt? Das neue Sprachgesetz der Slowakei reglementiert die Nutzung des Ungarischen.

Lajčák: Slota hat unserem Image schwer geschadet. Er hat Sachen gesagt, die nicht ins Europa des 21. Jh. gehören. Aber: Er sitzt nicht in der Regierung, hat keine Kompetenzen in der Außenpolitik. Er ist ein bellender Hund, aber er beißt nicht. Wenn es von ungarischer Seite ernsthafte Bedenken gibt, etwa gegen das Sprachgesetz, sind wir für Gespräche offen. Die Ungarn aber verschicken Briefe an die EU-Kommission, an das EU-Parlament, an die Medien und ignorieren dabei die zwischenstaatlichen Gremien. Die Ungarn signalisieren uns: Wir reden nicht mit euch. Und was ist das Ergebnis? Ihr Image in der EU ist genauso beschädigt worden wie unseres. Wir stehen in der Union nicht gern als Problemmacher dar.

STANDARD: Sie sind gegen die Internationalisierung des Konfliktes? Ungarn ruft derzeit die EU an.

Lajčák: Die Internationalisierung ist kontraproduktiv. Wir müssen uns bilateral hinsetzen und reden und nicht Millionen an Briefen in die ganze Welt verschicken. Ich war schockiert, als ich erfahren habe, dass sich Ungarn, unter anderem beim UN-Menschenrechtsbeirat, über die Slowakei beschwert hat. Bei allem Respekt: Glaubt Budapest, dass die Slowakei in einem Forum gemeinsam mit Bangladesch, Pakistan und Kuba diskutiert werden sollte? ZUR PERSON: