Jedes fünfjährige Kind hat ab dem Schuljahr 2010/11 den Rechtsanspruch auf einen Kindergartenplatz. Jedes - auch wenn es im Rollstuhl sitzt, sehr schlecht sieht oder hört oder mit Down-Syndrom geboren wurde. Weder Staatssekretärin Christine Marek noch die Ländervertreter hatten vor, per 15a-Vereinbarung behinderte Kinder zu diskriminieren. Sie haben aber Ausnahmen festgehalten, und daher werden wohl einige behinderte Fünfjährige auch im übernächsten Schuljahr keinen Kindergarten besuchen.

Das kann gute Gründe haben: Etwa, wenn die Eltern die Betreuung längst anders geregelt haben und das Kind nicht aus seinem gewohnten Umfeld reißen wollen. Dieses Recht muss man ihnen zugestehen. Das bedeutet per se keine Diskriminierung, wie sie Behindertenverbände orten, solange die zuständigen Behörden genau darauf schauen, warum von der Kindergartenpflicht entbunden wird. Das haben die Politiker zumindest einmal versprochen.

Noch genauer als auf die Motive der Eltern wird man auf die Kindergärten schauen müssen. Diskriminierend wäre es jedenfalls, wenn ein Fünfjähriger nicht betreut werden kann, weil eine Rollstuhl-Rampe fehlt oder die Pädagogen überfordert sind. Das kann derzeit niemand seriös ausschließen, aber der Bund stellt immerhin Geld zur Verfügung.

Die lautstarke (und sachlich nicht immer fundierte) Kritik der Behindertenverbände hat dem Thema Aufmerksamkeit verschafft. Jetzt ist es Zeit, die Fakten zu besprechen. Im Sinne der Kinder. (Andrea Heigl, DER STANDARD, Printausgabe, 26.8.2009)