Bild nicht mehr verfügbar.

CIA-Chef Panetta versucht den Spagat: Er will seine Agenten schützen, ohne die Ermittlungen zu stören.

Foto: AP/Applewhite

Bild nicht mehr verfügbar.

US-Präsident Barack Obama wünscht Aufklärung und lässt die Verhörpraxis der CIA untersuchen.

Foto: APA/EPA/Brack

Ein Sonderstaatsanwalt soll die Foltervorwürfe prüfen.

*****

Das Foltern von Terrorverdächtigen in geheimen CIA-Gefängnissen wird ein juristisches Nachspiel haben. Ein Sonderermittler, der mit der Materie seit Langem vertraute Staatsanwalt John Durham, soll das dunkle Kapitel gründlicher untersuchen, als es bisher der Fall war. Vor allem soll er herausfinden, ob die beteiligten Agenten noch weiter gingen als das, was ihnen das Kabinett George W. Bushs unter der Rubrik "Verschärftes Verhör" ohnehin schon an physischen und psychischen Quälereien erlaubte.

Allein die Ernennung des Ermittlers signalisiert den Kurswechsel, zu der sich die Mannschaft Barack Obamas nach monatelangem Zögern entschloss. Hatte der US-Präsident bisher die Parole ausgegeben, lieber nach vorne zu schauen als zurück, so werden die Karten nach Veröffentlichung eines lange unter Verschluss gehaltenen Geheimdienstreports neu gemischt.

Ob es die Drohung ist, Kinder von Terroristen umzubringen oder Mütter zu missbrauchen, ob Häftlingen mit surrenden Bohrmaschinen oder Scheinexekutionen Angst eingejagt werden sollte - die makabren Details des noch immer an vielen Stellen geschwärzten Berichts zwingen Obama zum Handeln.

"Meine Pflicht ist es, die Fakten zu prüfen und dem Gesetz zu folgen" , begründete Justizminister Eric Holder seine Entscheidung, einen Sonderstaatsanwalt einzusetzen. Zugleich bemühte er sich, die flatternden Nerven in den Reihen der CIA zu beruhigen. Nach Holders Worten müssen die Ermittlungen nicht zwangsläufig zu Anklagen führen.

Schaden für Geheimmissionen

Derweil wird intensiv über Nutzen und Schaden einer strafrechtlichen Verfolgung gestritten. "Das Ganze ist unglücklicherweise sehr politisiert worden und verursacht einen erheblichen Schaden an Geheimoperationen" , sagt Gary Berntsen, bis 2005 CIA-Offizier in Afghanistan, dem Fernsehsender CNN. "Die Leute vor Ort werden sich nicht mehr aus der Deckung trauen und irgendetwas riskieren. Aus meiner Erfahrung in Afghanistan kann ich Ihnen sagen: Es war sehr schwer, Mitarbeiter für die Teams zu finden."

Viele Agenten hätten schon 2001, am Beginn des Krieges gegen den Terror, nicht geglaubt, dass sie einmal durch ihre Regierung geschützt werden würden.

Auf dem Capitol Hill, wo das parlamentarische Herz Washingtons schlägt, gehen die Meinungen weit auseinander. Demokratische Senatoren, etwa Ron Wyden aus dem Pazifikstaat Oregon, kritisieren den zu engen Fokus der Ermittlungen. Der Staatsanwalt konzentriere sich zu sehr auf die unmittelbar betroffenen CIA-Leute, und zu wenig auf deren Hintermänner in den Reihen der Bush-Administration. Das alles erinnere ihn an den Gefängnisskandal von Abu Ghraib, wo die Fußtruppen ebenfalls allein am Pranger standen. Peter Hoekstra, konservativer Abgeordneter aus Michigan, befürchtet dagegen, Durhams Untersuchung könne Anti-Terror-Spezialisten entmutigen, ja demoralisieren.

Leon Panetta wiederum, mit dem Amtsantritt Obamas zum Spionagechef ernannt, versucht den klassischen Spagat. Per E-Mail ließ er seine Mitarbeiter wissen, er brenne keineswegs darauf, sich an der Diskussion über die Verhörpraktiken der CIA zu beteiligen. Was jetzt ans Licht kam, sei "in vielerlei Hinsicht eine alte Story" . Das Programm habe wichtige Erkenntnisse gebracht, Streit darüber sei aber legitim. Er werde, so Panetta, "für all jene Beamten einstehen, die getan haben, wonach ihr Land verlangte" und die - das ist die Crux - rechtsgültige Weisungen befolgten.

Einer der Männer, der zum Kreis dieser Weisungsgeber gehörte, meldete sich am Dienstag ebenfalls zu Wort. Der frühere Vizepräsident Dick Cheney verteidigte die umstrittenen Verhörmethoden. Die Verhöre von Terroristen, die den "harten Verhörmethoden" ausgesetzt worden seien, hätten einen Großteil der Geheimdiensterkenntnisse über Al-Kaida geliefert. "Diese Erkenntnisse haben Leben gerettet und Terroranschläge verhindert", sagte er. (Frank Herrmann aus Washington/DER STANDARD, Printausgabe, 26.8.2009)