Schlämmer und sein Maskottchen bei der Stimmabgabe. Falls Schlämmer Kanzler wird, soll der Bundeshase statt des Bundesadlers das Wappentier von Deutschland werden.

Foto: Constantin

Er zeigt in "Isch kandidiere" eindrucksvoll, dass ein paar gute Gags und Szenen noch lange keinen ganzen Kinofilm tragen.

"Hosenbauer!" Es ist ja nicht so, dass sich das sächsische Ehepaar vor dem deutschen Bundestag in Berlin nicht bemüht. "Hosenbauer", ruft es und schwenkt brav ockerfarbene Horst-Schlämmer-Wahl-Fähnchen. Doch der Kanzlerkandidat ist nicht zufrieden und kriegt wieder mal "so 'nen Hals". "Hasenpower!", seinen Wahlkampf-Slogan, sollen sie endlich rufen, nicht ihr sächsisches "Hosenbauer" . Es klappt nicht. Frustriert latscht der übergewichtige Möchtegern-Politiker davon.

Man kann diese kleine Sequenz getrost als unfreiwillige Schlüsselszene für den ganzen Film sehen: Selbst bei wohlwollender Betrachtung – es funktioniert einfach nicht. Seit Wochen bewirbt Hape Kerkeling seinen Film, tritt nur noch als Kunstfigur Horst Schlämmer auf und wiederholt, was Sacha Baron Cohen als Bruno vorexerzierte. Die Kampagne allerdings ist besser als der Film.

Dessen Geschichte ist schnell erzählt: Horst Schlämmer, stellvertretender Chefredakteur des Grevenbroicher Tagblatts, gründet eine Partei (die HSP) und betreibt Wahlkampf, um Kanzler von Deutschland zu werden. Dabei macht er, was richtige Politiker auch tun: prominente Unterstützer suchen, Unterschriften sammeln, in Talkshows auftreten.

Angesichts einer Zustimmung von 18 Prozent in einer realen Forsa-Umfrage muss man zwar bezweifeln, ob es alle verstanden haben. Aber das Ganze soll natürlich eine Parodie auf Politik und Wahlkampf sein, keine Dokumentation einer vermeintlichen Grevenbroicher Traumkarriere.

Schlämmer ist mittlerweile in Deutschland so bekannt, dass sich Polit- und Medienprofis freiwillig seine Schnapsfahne ins Gesicht blasen lassen, um nur irgendwie beim Hype dabei zu sein. Das ist entlarvend genug, etwa wenn Nordrhein-Westfalens Ministerpräsident Jürgen Rüttgers Schlämmer in der Staatskanzlei empfängt. Wild entschlossen ist er, den Lässig-Coolen zu geben und dann entgleiten ihm doch ganz ungeplant die Gesichtszüge, als der Besucher grunzt, er wolle Kanzler werden.

Linke sind an allem schuld

Seine stärksten Momente hat der Film, wenn Schlämmer so tut, als sei auch er ein Profi. "Es geht nur mehr um Merkel und mich, der andere ist raus. Wie heißt der bloß" , sagt er zum Grünen-Vorsitzenden Cem Özdemir. Gemeint ist natürlich der auch in der Realität unfassbar glücklose SPD-Kanzlerkandidat Frank-Walter Steinmeier.

Das Geheimnis der Politik sei, dass es keines gebe, hat der frühere Außenminister Joschka Fischer (Grüne) einmal gesagt: Dass es im Hinterzimmer oft wirklich so abläuft, wie es sich der Bürger gar nicht vorzustellen vermag. Insofern sind Schlämmers Vorstellungen von koalitionärer Arbeitsteilung durchaus realistisch: "Das Wirtschaftsministerium geben wir den Linken. Dann können wir sagen, die sind an allem schuld."

Doch in Schlämmers legendärer Herrenhandtasche ist für derlei Perlen leider nur wenig Platz. Kerkeling aber muss unter Regie seines Lebensgefährten Angelo Colagrossi 96 Filmminuten füllen. Also darf Alexandra Kamp in der hanebüchenen Rahmenhandlung vor allem zeigen, was einer wie Schlämmer für einen richtigen Hasen hält. Der Rest der Zeit wird mit krampfhaft aneinandergereihten Parodieschnipseln aller Art (Dieter Bohlen, Astro-TV) gefüllt. Das ist manchmal sogar noch peinlicher als Schlämmers Frisur. (Birgit Baumann aus Berlin, DER STANDARD/Printausgabe, 26.08.2009)