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Wird sich aufgrund dessen die Technologie zu dem besagten Zeitpunkt so weit bewegt haben, dass Mutter Erde endlich davon profitiert? Oder benötigt Fortschritt grundsätzlich Veränderung auf ihre Kosten?

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Bedeutet Fortschritt‚ Entwicklung auf Kosten der Erde'? „Die Zukunft ist ein Raum voller Ungewissheit", pflege ich oft zu sagen und doch hält diese Tatsache nicht davon ab, Wunschvorstellungen und Überlegungen über etwaige Möglichkeiten zu hegen. Man ist sich häufig gar nicht mehr bewusst, inwieweit Technik und überhaupt Technologie bereits in den eigenen Alltag eingreifen. Die Selbstverständlichkeit macht diese unsichtbar, doch nur so lange, bis plötzlich irgendein Stillstand eintritt, welcher aufzeigt, was das Selbstredende verschleiert.

Auch ich kann nicht mit Bestimmtheit sagen, in welche Lücken sich unwissendlich Technologie schon in mein Leben einschlich. Deshalb lautet die Frage im Grunde nicht „Wie sehr", sondern „Wo" sie es noch nicht tat. Genauso wie sie heute einen Bestandteil vom Leben ausmacht, wird sie es in 20 Jahren sein und was jetzt als „neu" gilt, wird später als „ganz normal" angesehen. Denn das Schicksal jeglicher Novität ist es, alt und gewöhnlich zu werden.

Fortschritt nur auf Kosten der Natur?

Das Internet ist meiner Meinung nach das beste, neuzeitliche Beispiel dafür. Vor rund 20 Jahren betrachtete man es eher kritisch und es war etwas Besonderes, wenn man es nutzte. In unserer gegenwärtigen Gesellschaft kehrte es sich mittlerweile zum Gegenteil und man wundert sich über Personen, die es noch nicht verwenden, sofern sie es sich überhaupt leisten können, es nicht zu tun. Die Schlagworte respektive die Trends, welche die heutige Entwicklung prägen, kann man nur allzu deutlich an den ständigen Produktpräsentationen erkennen: effizienter, handlicher, präziser, moderner, leistungsfähiger und die meisten Ausdrücke werden beherrscht von dem Begriff „umweltschonender". Wird sich aufgrund dessen die Technologie zu dem besagten Zeitpunkt so weit bewegt haben, dass Mutter Erde endlich davon profitiert? Oder benötigt Fortschritt grundsätzlich Veränderung auf ihre Kosten?

Unwelt ist ein Thema, welches jeden Menschen betrifft, sie stellt den kleinsten, möglichen Nenner dar, weil sich ihr niemand entziehen kann. Ich hoffe sehr, dass sich die erste Frage als die richtige erweist, denn wenn sich nicht spätestens in 20 Jahren etwas ändert, obwohl mittlerweile schon ein dringender Handlungsbedarf besteht, sehe ich schwarz für den Umstand, dass sich überhaupt etwas wandeln wird.

Ich besitze ein Handy, einen Computer und einen Internetanschluss. Grob zusammengefasst eigentlich alles Notwendige an Technologie, um in der momentanen Arbeitswelt zumindest überleben zu können. Trotzdem steigen die Anforderungen mit der Entwicklung und diese greifen parallel dazu auch unweigerlich in die persönliche Wertschätzung mit ein. E-Reader statt Buch? Sprachgesteuerter Fernseher? Werden automatisierte Hilfsroboter wie aus dem Film „I-Robot" in absehbarer Zeit realisiert? Oder meines Empfindens nach der Gipfel dieser Techniken: Können wir uns vielleicht bald die Natur zum Untertanen machen, das Wetter steuern?

Freiraum

Die Weitläufigkeit dieser Art Gedankengänge fesselt und beängstigt zugleich, weil die Ungewissheit, was die einzelnen Optionen belangt, eminent viel Freiraum lässt. Bis jetzt ging es mir bloß um das Materielle, um Gegenstände, die man sich mit Geld kaufen und bei Schäden wieder in den Müll werfen kann. Doch etwas wirklich Entscheidendes sprach ich noch nicht an, nämlich wie sich das Zwischenmenschliche analog zur Technologie verändert. Ich rede bewusst nicht von Entwicklung, denn Beziehungen benötigen keine Technologie. Viel eher werden sie verfälscht, weil Lügen mehr Platz zum Ausbreiten haben und dadurch der Kriminalität einen nahrhaften Grundstock bieten. Was man früher gemeinsam tat mit dem Anderen, gegenwärtig in der Realität, macht man heute virtuell, das Gegenüber nicht mehr als ein Name oder durch die neueste Errungenschaft - das Videotelefonieren - höchstens ein getreues Abbild. Aber ebenso hier fehlt das Antastbare, das Fühlen. Wenn man sich im Zimmer umsieht, ist man alleine und wenn man den PC abschaltet, das Handy abdrückt, einsam. Vorteile bei diesen Innovationen gibt es unbestritten, selbstverständlich. Die Frage ist nur, ob sich das wirkliche Leben in 20 Jahren schon beinahe gänzlich vor und im Computer abspielt und die Menschheit dadurch den wesentlichen Blick für das Schöne verliert, genauso ‚faul' wird. Ein weiteres Opfer, mit dem man rechnen muss.

Keine Angst vor der Revolution

Werde ich, als naturliebender Mensch, später jeden Morgen lediglich für die Virtualität aufstehen, existieren, oder wird sich beides, solange ich lebe, die Waage halten? Momentan tendiere ich zu zweitem, ich behaupte, dass niemand mir die Faszination für die Wunder der Erde stehlen kann, niemals. Doch Prioritäten unterliegen der eigenen Überzeugung und der Mensch ist, oft zum Leidwesen anderer, nun einmal launisch. Wobei dies meiner Meinung nach nichts mit einem schwachen Willen gemein hat, vielmehr sucht man sich den einfachsten Weg, den Pfad, der sich zu einem halbwegs zufriedenen Leben prädestiniert. Noch fürchte ich mich vor jeder bevorstehenden Revolution, denn je höher die Rasanz, desto schneller die positive oder negative Modifikation, im Privaten, sowie im Beruflichen. Dasselbe gilt ebenso für die Komplexität. Je akribischer der Feinschliff und je stärker die Profundität, desto größer und verheerender sind die Gefahren der Zerstörung. Man hört es immer wieder, wie bedrohlich daraus entstandene Situationen für ein Leben, das kostbarste und unbezahlbarste Gut, sein können. Doch... hält dies auf?

(Alissa Waldher)