Der offizielle Status rund um die Schweinegrippe in Österreich: Gesundheitsminister Alois Stöger informierte am Dienstag im Ministerrat über die Situation. Rechnet man ein Worst Case-Szenario des Europäischen Zentrums für Krankheitskontrolle (ECDC) auf Österreich um, könnten über alle "Wellen" der Pandemie hinweg rund 2,4 Mio. Österreicher erkranken und 48.000 ins Spital müssen, stellte der Minister dar. Erstmals heißt es nun offiziell, dass die angelaufene Impfstoffproduktion "weit hinter den Erwartungen" zurück bleibt.

Der Minister zeigte sich vor der Regierungssitzung einmal mehr bemüht, die gröbsten Ängste zu zerstreuen. Er verwies darauf, dass es in Österreich seit April lediglich 270 Fälle gegeben habe, was deutlich weniger sei als bei normalen Grippewellen. Weltweit reichten die Schätzungen bereits auf 1,5 bis zwei Millionen Erkrankungen. Österreich habe gut vorgesorgt.

Allerdings, die Situation kann sich noch deutlich verschlechtern. Dazu heißt es im Vortrag des Ministers: "Das ECDC veröffentlichte kürzlich erstmals Berechnungen über die mögliche weitere Entwicklung. Basierend auf den Daten des Vereinigten Königreiches, einem der am stärksten betroffenen EU-Länder. Dabei wird im Rahmen eines 'Worst-Case-Szenarios von einer klinischen Erkrankungsrate von bis zu 30 Prozent der Bevölkerung ausgegangen (...)."

Worst Case-Szenario mit 2,4 Millionen Erkrankten

Der Minister: "Sollte dieses Szenario eintreffen, würden in Osterreich über die gesamten Wellen der Pandemie ca. 2,4 Millionen Personen erkranken, und davon ca. 48.000 Personen hospitalisiert werden. Im Vergleich: Bei den üblichen saisonalen Grippewellen kommt es zu 300.000 bis 500.000 Erkrankungsfällen."

Genaue Zahlen gab Stöger zu den für eine Influenza-Pandemie angelegten Vorräten an antiviralen Medikamenten ("Tamiflu", "Relenza") bekannt: "Ein erheblicher Vorrat an antiviralen Medikamenten ist gegeben, der jederzeit für Therapiezwecke eingesetzt werden kann. Beim österreichischen Bundesheer lagern 1,122.302 Packungen antivirale Medikamente. Weiters werden Fässer mit antiviralen Medikamenten in Pulverform aufbewahrt, deren Inhalt äquivalent zu weiteren 3,178.438 Packungen ist. Es konnten daher mehr als vier Millionen Erkrankte behandelt werden."

Weniger Impfstoff als erwartet

Der Pandemie-Impfstoff gegen A(H1N1) wird laut dem Minister voraussichtlich im September zugelassen und im Herbst dieses Jahres zur Verfügung stehen. Während aber die Impfstoffhersteller - Österreich hat mit dem Pharmakonzern Baxter einen Vorvertrag auf Lieferung von 16 Mio. Dosen für die gesamte Bevölkerung (Kostenpunkt rund 95 Mio. Euro) abgeschlossen - bisher größtes Stillschweigen über die produzierbaren Mengen breiteten, erklärte Stöger: "Was die mengenmäßige Verfügbarkeit des Impfstoffes betrifft, so bleibt derzeit das Produktionsniveau aller Hersteller im Vergleich zum Vogelgrippeimpfstoff weit hinter den Erwartungen zurück. Am Beginn einer Impfaktion stehen daher definierte Gruppen wie medizinisches Personal und Risikogruppen."

Baxter hatte zunächst gehofft, in seinen Zellkulturen in Bohumil in Tschechien nach Anlaufen der Produktion auf wöchentlich bis zu zwei Mio. Dosen zu kommen. Doch davon ist man offenbar weit entfernt. Der Grund dafür: Das verwendete A(H1N1) Virus wächst offenbar sehr schlecht.

Zur Behandlung bereits Erkrankter merkte Stöger an: "A(H1N1)-Verdachts- und Erkrankungsfälle erhalten weiterhin neben der symptomatischen Therapie auch Neuraminidase-Hemmer ("Tamiflu", "Relenza", Anm.)." Hier haben Kassenärzte zuletzt beklagt, dass die Chefärzte österreichischer Krankenkassen Rezepte auf diese Arzneimittel offenbar nur nach Protest bewilligten. (APA)