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Demonstranten vor der schwedischen Botschaft in Tel Aviv werfen Stockholm Antisemitismus vor

Foto: Reuters/Zvulun

Stockholm - In dem von israelischer Seite entfachten Streit um einen Zeitungsartikel über angeblichen Raub von Organen getöteter Palästinenser hat sich die Präsidentin der Jüdischen Gemeinde in Schweden, Lena Posner-Körösi, auf die Seite der Regierung in Stockholm gestellt. Israels Forderung, dass die schwedische Regierung den in der Zeitung "Aftonbladet" erschienenen Artikel offiziell verurteilen müsse, habe "die Angelegenheit völlig aus dem Ruder laufen lassen", zitierte "die tageszeitung" (taz) (Berlin) am Dienstag Posner-Körösi.

Aufgebauscht

Die Präsidentin der schwedischen Jüdischen Gemeinde warf der Regierung von Ministerpräsident Benjamin Netanyahu vor, den Artikel, den sonst kaum jemand ernst genommen hätte, "über alle Maßen aufgebauscht" zu haben. Durch die Forderung Netanyahus habe sich die Debatte in Schweden zu einer Grundsatzfrage über Pressefreiheit entwickelt. "Die Regierung wird den Artikel nicht verurteilen - die Meinungsfreiheit gilt hier als sakrosankt", sagte Posner-Körösi der israelischen Tageszeitung "Haaretz".

Artikel als Anstoß

Der Artikel hatte eine mögliche Verwicklung israelischer Militärs in illegalen Handel mit Organen erschossener Palästinenser angedeutet. "Aftonbladet" verteidigte den Artikel damit, dass er lediglich als Anstoß gemeint gewesen sei, den Vorwürfen über illegalen Organhandel nachzugehen. Israels Außenminister Avigdor Lieberman verglich daraufhin die Haltung der schwedischen Regierung zu dem Zeitungsbericht mit dem Schweigen des im Zweiten Weltkrieg neutralen Schweden während des Holocaust.

Schwedens Regierungschef Fredrik Reinfeldt hat eine Verurteilung des Berichts abgelehnt. Wie zuvor sein Außenminister Carl Bildt begründete Reinfeldt seine Haltung am Montag mit der Pressefreiheit.

Reinfeldt wandte sich zugleich gegen Befürchtungen, die gegenwärtige Meinungsverschiedenheit mit der israelischen Regierung schade Schwedens Bemühen, als derzeitiger EU-Ratsvorsitzender zur Wiederbelebung des Nahost-Friedensprozesses beizutragen. "Bei politischen Ambitionen besteht immer die Gefahr, dass sie als Ausrede für das Abbrechen von Kontakten oder Bemühungen benutzt werden", sagte Reinfeldt. Er habe aber keine Veranlassung zu glauben, dass dies bei dieser Angelegenheit der Fall sei. (APA)